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Menschenrechtsrat

- MRR TOP 1: Kinderarbeit und Sklaverei im Kakaoanbau

Inhaltshinweise: Kinderarbeit; Ausbeutung; Armut

Kurzzusammenfassung

Die Kakaoproduktion in Westafrika steht im Schatten schwerer Menschenrechtsverletzungen. Trotz globaler Bemühungen und steigender Aufmerksamkeit arbeiten immer noch über 1,5 Millionen Kinder in der Elfenbeinküste und Ghana unter oft gefährlichen Bedingungen, um die Nachfrage nach Schokolade zu decken. Getrieben von extremer Armut und einem mangelnden Zugang zu Bildung, sehen sich viele Familien gezwungen, ihre Kinder als Arbeitskraft einzusetzen. Die Schokoladenindustrie hat wiederholt Maßnahmen zur Reduzierung von Kinderarbeit zugesichert, jedoch bleibt die Umsetzung unzureichend. Internationale Abkommen wie das Harkin-Engel-Protokoll versprachen Verbesserungen, konnten jedoch nicht verhindern, dass die Zahlen in den letzten Jahren erneut anstiegen. Dieser Zustand erfordert nicht nur entschiedene politische und wirtschaftliche Reformen, sondern auch ein stärkeres Engagement der globalen Gemeinschaft, um die Ausbeutung von Kindern nachhaltig zu beenden.

Hintergrund und Grundsätzliches

Verbreitung und Umfang

Mehr als 20 Jahre nachdem die weltweit führenden Schokoladenhersteller zugesichert und einige sogar versprochen haben, Missstände bei der Beschäftigung zu beseitigen, ist gefährliche Kinderarbeit in ihren Lieferketten weiterhin weit verbreitet. 

Im Jahr 2001 unterzeichneten große Marken wie Nestlé, Mars und Hershey das sektorübergreifende Harkin-Engel-Protokoll, das darauf abzielte, die schlimmsten Formen von Kinderarbeit zu beseitigen. Trotz mehrfach verpasster Fristen in den Jahren 2005, 2008 und 2010 betonen die Unternehmen weiterhin, dass die Beendigung dieser illegalen Praktiken für sie höchste Priorität habe.

Kontext Harkin-Engel Protokoll: Das Harkin-Engel-Protokoll, ein 2001 eingeführtes freiwilliges Abkommen zwischen Politik, Schokoladenindustrie und NGOs, zielte darauf ab, die schlimmsten Formen von Kinderarbeit und Zwangsarbeit im Kakaosektor Westafrikas gemäß der ILO-Konvention 182 zu beenden. Es legte einen Sechs-Punkte-Plan mit klaren Fristen für Maßnahmen wie die Entwicklung freiwilliger Zertifizierungsstandards und die Bildung von Beratergruppen fest, wobei die Industrie zur Selbstregulierung aufgefordert wurde. Trotz dieser Bemühungen gilt das Protokoll als gescheitert, da die vereinbarten Ziele nicht erreicht wurden, wie aus mehreren Berichten, darunter dem des Payson Centers der Tulane University, hervorgeht. (Slave Free Chocolate, 2010)

Kritiker, darunter Aktivistengruppen, bezeichnen solche Aussagen jedoch als irreführend und als bloße Ablenkung. Tatsächlich wurde 2020 in den USA, vor dem Supreme Court, eine Klage verhandelt, die internationalen Schokoladenherstellern vorwirft, wissentlich von der Ausbeutung von Kindern zu profitieren.

Diese Aussage unterstützen neue Forschungen des unabhängigen Forschungsinstituts NORC an der University of Chicago, die ergaben, dass 43 % aller Kinder im Alter von 5 bis 17 Jahren in den Kakaoanbaugebieten Ghanas und der Elfenbeinküste – den größten Kakaoproduzenten der Welt – gefährliche Arbeiten verrichten.

Zusammen produzieren die beiden Länder etwa 60 % des globalen Kakaos. NORC bewies ebenfalls, dass allein dort rund 1,56 Millionen Kinder in der Kakaoproduktion tätig sind, viele davon unter gefährlichen Bedingungen wie dem Tragen schwerer Lasten, dem Einsatz von Pestiziden und dem Umgang mit Macheten. (Whoriskey, 2020) Die Folge sind Schädigungen der physischen und psychischen Gesundheit der Kinder. Sie leiden unter fehlender Bildung, Unterernährung und gesundheitlichen Schäden durch Chemikalien und harte Arbeit.

Ursachen

Inzwischen nicht länger anzweifelbar, ist, dass es keinen einzelnen Grund für den Einsatz von Kinderarbeit im Kakaosektor gibt; vielmehr gibt es viele komplexe und miteinander verflochtene Ursachen. Armut, niedrige Löhne, Arbeitskräftemangel, schlechte Arbeitsbedingungen, mangelnde wirkungsvolle Bildungsmöglichkeiten, unsichere Schulen, Ausbeutung und 

Diskriminierung, politische Unruhen und Konflikte – und beispielsweise auch die Auswirkungen von COVID-19 – tragen alle zum Einsatz von Kinderarbeit in der Kakaoproduktion in Westafrika bei. Außerdem führt die schwache staatliche Beteiligung vor Ort, sichtbar durch fehlende oder unzureichend durchgesetzte Gesetze zur Verhinderung von Kinderarbeit und einem Mangel an Programmen oder Initiativen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Kakaoindustrie, dazu, dass Familien weder finanziell noch strukturell ausreichend unterstützt werden, um Kinderarbeit vollständig zu vermeiden. (Fairtrade International, 2020)

  • Armut: Rund 40 % der Kakaobauern leben unterhalb der Armutsgrenze und verdienen oft weniger als 2 US-Dollar pro Tag. Diese finanzielle Not zwingt viele Familien, ihre Kinder in die Arbeit einzubeziehen, weshalb Armut und Diskriminierung mächtige Treiber dafür bleiben, Kinder in die Arbeitswelt und unsichere Umgebungen zu drängen. Wenn Landwirte in Armut gefangen sind, können sie es sich nicht leisten, in effizientere Methoden zur Verbesserung ihres Einkommens zu investieren, und greifen daher auf die günstigste Form von Arbeitskräften zurück: Kindern. (Fairtrade International, 2020)
  • Bildung: In ländlichen Kakaoanbaugebieten fehlt es an Schulen, was die Bildungs- und Zukunftsperspektiven der Kinder stark einschränkt. (Unicef, 2022)
  • Fehlender sozialer Schutz: Es gibt kaum staatliche Absicherungen, die den Bauern in Krisenzeiten helfen, alternative Einkommensquellen zu finden.

Laut der Fairtrade Foundation gelangen nur etwa 6 % der Gesamteinnahmen der Schokoladenindustrie zurück zu den Bauern. Fair-Trade-Modelle versuchen, diesem Ungleichgewicht entgegenzuwirken, indem sie die Verbraucherpreise erhöhen und die zusätzlichen Einnahmen an landwirtschaftliche Genossenschaften weitergeben.

Die NORC-Studie kommt zu dem Schluss, dass eine Kombination aus Initiativen und Maßnahmen erforderlich ist, um Kinder von gefährlicher Arbeit fernzuhalten und ihnen den Zugang zu Schulen oder jugendorientierten Programmen zu ermöglichen. Dem stimmt Fairtrade International zu, weshalb die garantierte Fairtrade-Prämie von großer Bedeutung ist, da sie Produzentenorganisationen ermöglicht, die Unterstützung bereitzustellen, die ihre Gemeinschaften benötigen – einschließlich des Baus von Schulen –, um Kindern eine qualitativ hochwertige Bildung leichter und sicherer zugänglich zu machen. 

Nach dem Vorbild des Fair-Trade-Ansatzes haben die Regierungen von Ghana und der Elfenbeinküste in diesem Monat ein Preisaufschlagssystem (bekannt als „Living Income Differential“) für alle Kakaoverkäufe eingeführt. Diese Maßnahme umfasst zudem Bemühungen, ein Überangebot, Vorabverkäufe und andere deflationäre Praktiken zu vermeiden.

Historische Dimension

Kinderarbeit in der Landwirtschaft ist historisch gewachsen und in vielen Entwicklungsländern tief verwurzelt. Im Fall der Kakaoproduktion wird das Problem durch die globale Nachfrage nach Schokolade verstärkt.

ABER: Die Studie von NORC führte zu globalem Druck und Verpflichtungen der Industrie, Kinderarbeit im Kakaoanbau zu beenden: Im Oktober 2020 veröffentlichte NORC einen Bericht, der weltweite mediale Aufmerksamkeit erregte. Die Ergebnisse veranlassten die World Cocoa Foundation – deren Mitglieder große Schokoladen- und Kakaounternehmen wie Nestlé und Cargill umfassen –, sich dazu zu verpflichten, Kinderarbeit zu eliminieren. Ihr Aktionsplan sieht vor, mit den Regierungen von Côte d’Ivoire und Ghana zusammenzuarbeiten, um die ländlichen Volkswirtschaften zu diversifizieren, die Einkommen der Landwirte zu erhöhen, die Finanzierung von Schulen zu verbessern und Arbeitsgesetze durchzusetzen. „Kinderarbeit hat keinen Platz in der Kakao-Lieferkette“, schrieb die World Cocoa Foundation als Antwort auf den Bericht und die klarere Datenlage.

Aktuelles

Laut der International Cocoa Initiative und dem Inkota Netzwerk  ist die Kinderarbeit in der Kakaoproduktion seit 2008 um über 13 % gestiegen, trotz diverser internationaler Maßnahmen. (Inkota, 2020). Etwa 43 % der betroffenen Kinder führen gefährliche Arbeiten aus, die langfristige gesundheitliche Schäden verursachen können. 

Abbildung 1: Visual Brief - Child Labor in Cocoa Production in Côte d’Ivoire and Ghana; https://www.norc.org/research/data-visualization/child-labor-cocoa-production-cote-d-ivoire-ghana.html

Internationale Maßnahmen

Das Harkin-Engel-Protokoll (2001) sollte bis 2005 die schlimmsten Formen der Kinderarbeit beseitigen, doch die Umsetzung bleibt mangelhaft. (Bureau of International Labor Affaires, n.d.; Fairtrade International, 2020). EU-Initiativen wie die Verpflichtung zu Nachhaltigkeitsstandards in Lieferketten gewinnen an Bedeutung, zeigen aber bisher wenig Wirkung. Basierend auf NORC’s und Fairtrade International’s Forschungen, sind koordinierte Maßnahmen der gesamten 

Lieferkette – von denjenigen, die die Regeln für das Wirtschaften aufstellen, bis hin zu den Konsumenten, die den Genuss einer Schokolade schätzen – wirksam, um Kinder vom Kakaoanbau fernzuhalten. Beispiele wären die finanzielle Unterstützung westafrikanischer Regierungen durch den globalen Norden und die Entwicklung und Umsetzung verbindlicher Sorgfaltspflichten für Unternehmen. 

Weitere Maßnahmen

Die International Cocoa Initiative (ICI) hat eine neue Studie vorgelegt, die eine operationale Definition von Systemen zur Überwachung und Behebung von Kinderarbeit (Child Labour Monitoring and Remediation Systems, CLMRS) schaffen soll, um Fortschritte besser zu überwachen. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer NORC-Studie der Universität Chicago, die zeigt, dass weiterhin 1,5 Millionen Minderjährige in den wichtigsten Produktionsländern Ghana und Côte d’Ivoire von Kinderarbeit betroffen sind.

Die ICI, eine gemeinnützige Organisation, hat diese Initiative im Auftrag der Schweizer Plattform für Nachhaltigen Kakao entwickelt. Ziel ist es, die Berichterstattung über dieses drängende Problem transparenter zu machen. Auch wenn 2021 von der UN zum Jahr der Bekämpfung von Kinderarbeit erklärt wurde, erschwert die anhaltende Corona-Pandemie die Umsetzung erheblich.

CLMRS-Systeme wurden erstmals vor etwa 20 Jahren von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingeführt und später auf den Kakaosektor angepasst. Im April 2021 deckten sie schätzungsweise rund 25 % der Kakao-Lieferkette in Côte d’Ivoire und Ghana ab, mit dem Ziel, bis 2025 100 % der Haushalte in diesen Ländern zu erreichen. Um dieses Ziel zu fördern, haben europäische Kakao-Plattformen und Akteure wie die ICI und die World Cocoa Foundation (WCF) eine gemeinsame Studie durchgeführt, um Definitionen und Indikatoren für CLMRS zu entwickeln und ihre Anwendung zu harmonisieren.

Die Studie definiert vier zentrale Aufgaben eines CLMRS: Sensibilisierung für Kinderarbeit, Identifikation betroffener Kinder, Bereitstellung von Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen sowie regelmäßige Nachverfolgung, bis die Kinder nicht mehr arbeiten. Zu den zentralen Indikatoren gehören die Anzahl der überwachten Haushalte und Kinder, der Anteil der identifizierten Fälle von Kinderarbeit sowie der Erfolg der Unterstützung. 

Nick Weatherill, Geschäftsführer der ICI, betonte, dass die neue Definition und die Indikatoren auf breiter Zustimmung von Praktikern und Experten im Kakaosektor basieren und zu mehr Einheitlichkeit sowie besseren Erkenntnissen über die Wirksamkeit der Systeme führen sollen. Dies sei ein entscheidender Schritt, um Kinderarbeit im großen Maßstab effektiver zu bekämpfen. (Confectionery Production, 2021). 

Im Januar 2022 kündigte Nestlé eine Initiative zur Bekämpfung von Kinderarbeit in der Schokoladenlieferkette an. Das Unternehmen plant ein innovatives Programm im Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar, das direkte finanzielle Anreize für afrikanische Kakaobauern bietet, um die Armut zu bekämpfen – die Hauptursache für Kinderarbeit. Erste Ergebnisse sind vielversprechend, doch Experten warnen vor den Grenzen privatwirtschaftlicher Ansätze.

Laut einer Studie von 2020 der Universität Chicago arbeiten 1,56 Millionen Kinder in der Kakaoproduktion in Ghana und Côte d’Ivoire, fast 95 % davon unter gefährlichen Bedingungen. Über 95 % dieser Arbeit findet auf kleinen Familienbetrieben statt, oft vor oder nach der Schule. Kakaobauern verdienen in Ghana durchschnittlich 1 US-Dollar pro Tag, in Côte d’Ivoire nur 0,78 US-Dollar – weit unter der Armutsgrenze der Weltbank von 1,90 US-Dollar. Nestlés Programm könnte das Einkommen der Bauern mehr als verdoppeln. Es bietet finanzielle Anreize in vier Bereichen: Einschulung von Kindern, Förderung nachhaltiger Forstwirtschaft, Verbesserung von Anbaumethoden und Erschließung neuer Einkommensquellen. Für jede Maßnahme erhalten Bauern 100 CHF jährlich, mit weiteren 100 CHF für die Umsetzung aller Maßnahmen. Die Prämien halbieren sich nach zwei Jahren.

Das Programm begann in Côte d’Ivoire und wird 2024 auf Ghana ausgeweitet. Bislang haben über 10.700 Haushalte teilgenommen. Es wurden über 300 Schnittgruppen gegründet, die Bauern im professionellen Baumschnitt schulen, um Erträge zu steigern und die Abhängigkeit von Kinderarbeit zu verringern. Nestlé erkennt jedoch an, dass es Zeit braucht, bis spürbare Ergebnisse sichtbar werden, und dass nicht alle Bauern sofort teilnehmen werden. Begleitend fordert die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) eine Zusammenarbeit mit Regierungen, um strukturelle Probleme wie mangelnden Zugang zu Bildung und sozialer Absicherung anzugehen. Ohne solche Reformen könnten Kinder in gefährlichere Arbeitsbereiche wie den Bergbau abwandern.

Direktzahlungen gelten als effektive Maßnahme. Ein Pilotprojekt der ICI in Ghana, bei dem über sechs Monate 30 US-Dollar monatlich pro Haushalt ausgezahlt wurden, reduzierte Kinderarbeit um 20 %. Nestlé sieht sich jedoch mit Herausforderungen konfrontiert, etwa bei der Einrichtung mobiler Bankkonten für Bauern. Bislang haben sich rund 9.000 Bauern für mobile Zahlungen registriert. Das Programm weckt bereits das Interesse anderer multinationaler Unternehmen, die sich über die Umsetzung informieren. Nestlé hofft, dass die Initiative noch weiter ausgebaut wird. (Confectionery Production, 2021)

UN Photo/Eskinder Debebe

Probleme und Lösungsansätze

Die Problematik der Kinderarbeit im Kakaoanbau ist komplex und von mehreren Faktoren beeinflusst, die eng miteinander verknüpft sind. Im Folgenden werden zentrale Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze aufgezeigt, die in verschiedenen Bereichen ansetzen, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken.

Ökonomische Instabilität der Produzenten

Problem: Schwankende Kakaopreise führen zu ökonomischer Instabilität

Die Einkommenssituation von Kakaobauern ist stark von den schwankenden Preisen auf dem Weltmarkt abhängig, was ihre wirtschaftliche Stabilität gefährdet. Ein Lösungsansatz besteht in der Einführung von Mindestpreisen, wie sie etwa durch Fairtrade-Programme gefördert werden. Diese garantieren den Bauern einen fairen Preis für ihre Produkte, unabhängig von den Marktschwankungen (Fairtrade International, 2020). Zusätzlich könnten alternative Einkommensquellen, etwa der Anbau anderer Nutzpflanzen oder die Förderung lokaler Handwerksprojekte, helfen, die finanzielle Abhängigkeit vom Kakaoanbau zu verringern. Derartige Diversifizierungsstrategien würden nicht nur die Einkommenssicherheit der Bauern erhöhen, sondern auch ihre Resilienz gegenüber ökonomischen und klimatischen Risiken stärken.

Mangelnde Bildung

Problem: Kinder in Kakaoanbaugebieten haben kaum Zugang zu Schulen

In vielen Kakaoanbaugebieten haben Kinder nur eingeschränkten Zugang zu Bildung, was sie anfällig für Kinderarbeit macht. Um dies zu ändern, könnten staatliche und private Investitionen in lokale Bildungseinrichtungen erheblich zur Verbesserung der Situation beitragen. Programme wie das „Child Labor Monitoring and Remediation System“ (CLMRS) der International Cocoa Initiative (ICI) zielen darauf ab, Kinderarbeit zu überwachen und betroffenen Familien gezielt Unterstützung zu bieten. (International Cocoa Initiative, n.d.) Solche Programme umfassen auch die Sensibilisierung der Gemeinden für die langfristigen Vorteile von Bildung. Bildungseinrichtungen und Programme, die von Regierungen und Unternehmen gemeinsam finanziert werden, könnten nicht nur den Kindern, sondern auch den gesamten Gemeinschaften zugutekommen, indem sie Zukunftsperspektiven schaffen.

Intransparente Lieferketten

Problem: Unternehmen kennen die genauen Bedingungen in ihren Lieferketten nicht

Ein großes Problem in der Kakaoindustrie ist die fehlende Transparenz in den Lieferketten. Viele Unternehmen wissen nicht, unter welchen Bedingungen der Kakao produziert wird, den sie verarbeiten. Der Einsatz moderner Technologien wie Blockchain kann helfen, diese 

Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. Blockchain ermöglicht eine lückenlose Dokumentation der Produktions- und Lieferprozesse, was Unternehmen mehr Kontrolle über die Bedingungen in ihrer Lieferkette verschafft. Dies würde nicht nur das Vertrauen der Konsumenten stärken, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren der Lieferkette verbessern (World Economic Forum, 2021). Durch transparente Systeme könnten Unternehmen zudem sicherstellen, dass ihre Produkte den internationalen Standards für ethischen Handel entsprechen.

Hohe Kosten

Problem: Die Produzenten können Kosten, um gegen Kinderarbeit vorzugehen, nicht tragen.

Die Bekämpfung der Kinderarbeit in der Kakaoindustrie ist kostspielig, und viele Produzenten können sich die Umsetzung von Maßnahmen nicht leisten. Eine gerechte Lastenteilung zwischen Produzenten, Unternehmen, Regierungen und Konsumenten ist deshalb notwendig. 

Regierungen im globalen Norden könnten westafrikanische Staaten finanziell unterstützen, um Überwachungs- und Wiedereingliederungssysteme zu finanzieren und die Lebensbedingungen der Bauern zu verbessern. Unternehmen sollten dabei ihrer Verantwortung gerecht werden, indem sie faire Löhne zahlen und nachhaltige Anbaumethoden fördern. Freiwillige Zertifizierungen, wie sie von Fair-Trade-Organisationen angeboten werden, können dabei helfen, soziale und ökologische Standards zu erhöhen und Produzenten vor Ort direkt zu unterstützen (Fairtrade International, 2020). Konsument*innen spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle, indem sie bewusst Produkte wählen, die unter fairen Bedingungen produziert wurden, und politischen Druck ausüben, um strengere gesetzliche Vorgaben für Unternehmen einzufordern. Durch diese gemeinsamen Anstrengungen könnte langfristig ein System geschaffen werden, das Kinderarbeit nachhaltig eindämmt und den betroffenen Gemeinschaften neue Perspektiven eröffnet.

Punkte zur Diskussion

- Sollte der Import von Kakao, der mit Kinderarbeit hergestellt wurde, weltweit verboten werden?

- Wie kann der Konsum von Fair-Trade- und nachhaltigen Produkten weltweit gefördert werden?

- Welche Verantwortung tragen multinationale Konzerne im Vergleich zu nationalen Regierungen?

- Wie kann eine stärkere Zusammenarbeit zwischen internationalen Organisationen und der lokalen Bevölkerung aussehen?

Lexikon

Kinderarbeit: Nach Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) jede Arbeit, die Kinder ihrer Kindheit, ihres Potenzials und ihrer Würde beraubt und ihre körperliche sowie geistige Entwicklung gefährdet. (International Labour Organization, n.d.)

Fairtrade: (engl. fair trade = fairer Handel, gesprochen “fähr träid”) Ein Handelskonzept, das darauf abzielt, den Produzenten in Entwicklungsländern einen fairen Preis zu zahlen und soziale sowie ökologische Standards einzuhalten.

Lieferkette: eine mehrstufige Kette an Unternehmen und Akteuren, welche von der ersten Rohstoffschöpfung bis zum verkaufsfertigen Produkt, welches an die Konsument*innen verteilt wird, an dem Prozess einer Ware oder einer Dienstleistung beteiligt sind.

Für die Recherche

Allgemeine Fakten zu Kinderarbeit weltweit
https://www.ilo.org

Cocoa Life
https://de.cocoalife.org/ 

Forum Nachhaltiger Kakao
https://www.kakaoforum.de 

Infoblatt Kinderarbeit
https://www.inkota.de/sites/default/files/2020-06/inkota-infoblatt-5-kinderarbeit-schokolade.pdf?utm_source=chatgpt.com 

INKOTA-Netzwerk über Kinderarbeit und Kakao
https://www.makechocolatefair.org 

UNICEF zu Kinderarbeit im Kakaoanbau
https://www.unicef.ch

US-Laborstudie zu Kinderarbeit im Kakaosektor
https://norc.org

Hilfestellungen, um eigene Quellen zu finden

  • Wie beeinflusst die globale Nachfrage nach Schokolade die Arbeitsbedingungen in Westafrika?
  • Welche Sanktionen oder Anreize sind notwendig, um Unternehmen zu einer verantwortungsvollen Beschaffung zu bewegen?
  • Welche langfristigen Erfolge haben Programme zur Bekämpfung von Kinderarbeit im Kakaoanbau erzielt?

Quellenangaben

Bureau of International Labor Affairs. (n.d.). Assessing Progress in Reducing Child Labor in Cocoa-Growing Areas of Côte d'Ivoire and Ghana. US Department of Labor. Abgerufen 17. Dezember 2024 von https://www.dol.gov/agencies/ilab/assessing-progress-reducing-child-labor-cocoa-growing-areas-cote-divoire-and-ghana?utm_source=chatgpt.com# 

Confectionary Production. (2021, 29 April). International Cocoa Initiative creates study on monitoring child labour within the sector. Confectionary Production. Abgerufen 16. Dezember 2024 von https://www.confectioneryproduction.com/news/34810/international-cocoa-initiative-creates-study-on-monitoring-child-labour-within-the-sector/ 

Fairtrade International. (2020, 19 Oktober). Who’s going to pay to end child labour in West African cocoa? Fairtrade International. Abgerufen am 15. Dezember 2024 von https://www.fairtrade.org.uk/media-centre/news/whos-going-to-pay-to-end-child-labour-in-west-african-cocoa/ 

Inkota. (2020, Juni). Kinderarbeit – Die bittere Seite der Schokolade. [Infoblatt]. INKOTA-netzwerk e.V. https://www.inkota.de/sites/default/files/2020-06/inkota-infoblatt-5-kinderarbeit-schokolade.pdf?utm_source=chatgpt.com 

International Cocoa Initiative. (n.d.). What works to tackle child labour. International Cocoa Initiative. Abgerufen 18. Dezember 2024 von https://www.cocoainitiative.org/issues/tackling-child-labour 

International Labour Organization. (n.d.). Child Labour. International Labour Organization. Abgerufen 18. Dezember 2024 von https://www.ilo.org/topics-and-sectors/child-labour 

Slave Free Chocolate. (2010). The Harkin-Engel Protocol. Slave Free Chocolate. Abgerufen am 15. Dezember 2024 von https://www.slavefreechocolate.org/harkin-engel-protocol 

Whoriskey, P. (2020, 19 Oktober). U.S. report: Much of the world’s chocolate supply relies on more than 1 million child workers. The Washington Post. https://norc.org 

Unicef. (2022, Juni 10). Kinderarbeit im Kakaoanbau – es braucht umfassende und nachhaltige Lösungen. Unicef Schweiz. Abgerufen am 17. Dezember 2024 von https://www.unicef.ch/de/aktuell/blog/2022-06-10/kinderarbeit-im-kakao-sektor?utm_source=chatgpt.com 

World Economic Forum. (2021, März 15).  We are accelerating blockchain technology across supply chains. World Economic Forum. Abgerufen am 18. Dezember 2024 von https://www.weforum.org/impact/blockchain-supply-chains/