- SR TOP 1: Die Rolle von “Private Military Contractors” (PMC) in Konflikten

Inhaltshinweise: Waffengewalt; Benennung von Folter und Ermordung; Bürgerkrieg
Kurzzusammenfassung
Besonders seit dem Ende des Kalten Krieges haben Private Military Companies (PMCs) weltweit an Bedeutung gewonnen. Diese privaten Unternehmen übernehmen Aufgaben, die traditionell staatlichen Streitkräften vorbehalten sind. Sie agieren in Konflikt- und Krisengebieten auf der ganzen Welt und übernehmen Aufgaben, die traditionell staatlichen Streitkräften vorbehalten sind. Ihr Tätigkeitsbereich ist breit gefächert: Er reicht von militärischer Beratung und Ausbildung von Soldaten über logistische Unterstützung und Sicherheitsdienstleistungen bis hin zur Beteiligung in direkten Kampfeinsätzen.
Die zunehmende Präsenz von PMCs in modernen Konflikten ist jedoch umstritten. Einerseits bieten sie Expertise, die staatliche Ressourcen ergänzen können, andererseits arbeiten sie oft in rechtlichen Grauzonen. Die fehlende internationale Regulierung wirft Fragen zu Transparenz, Kontrolle und der Einhaltung von Menschenrechten auf. Die wachsende Rolle von PMCs in Konflikten macht es daher umso wichtiger, ihre Rolle kritisch zu hinterfragen.
Grundsätzliches
PMCs sind hochspezialisierte Unternehmen, die vielfältige Dienstleistungen im Bereich der Sicherheit, Kriegsführung und Geheimdienstarbeit anbieten. Oft sind ihre Mitarbeiter*innen ehemalige Angehörige von Militär- und Geheimdiensten. Sie operieren in sensiblen und oft politisch brisanten Feldern, die weit über einfache Schutzaufgaben hinausgehen. Ihre Tätigkeiten lassen sich in folgende Kernbereiche gliedern:
Bereitstellung von Sicherheitskräften und Rüstungsgütern:
Eine der zentralen Aufgaben von PMCs ist der Schutz von Personen, Konvois und Gebäuden in Krisen- und Kriegsgebieten. Sie stellen qualifizierte Sicherheitskräfte bereit, die in der Lage sind, sowohl präventiv als auch in unmittelbaren Kampfsituationen zu handeln. Zusätzlich versorgen sie ihre Auftraggeber*innen mit Ausrüstung, darunter gepanzerte Fahrzeuge, Waffen und Schutzsysteme. Diese Ressourcen werden oft sowohl für defensive als auch offensive Einsätze verwendet.
Militärische Beratung und Ausbildung:
Sie bieten Expertise in militärischen Planungsprozessen und helfen bei der Organisation von Militäroperationen. Darüber hinaus führen PMCs Schulungen durch, bei denen sie Soldat*innen, Polizeikräfte und sogar private Sicherheitsmitarbeiter*innen in modernen Kampf- und Verteidigungstechniken ausbilden. Sie beraten auch bei der Beschaffung von Rüstungsgütern und optimieren die Einsatzfähigkeit ihrer Auftraggeber*innen.
Psychologische Operationen:
Ein weniger sichtbarer, aber ebenso bedeutender Tätigkeitsbereich von PMCs ist die Durchführung psychologischer Operationen. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Wahrnehmung und das Verhalten von Bevölkerungsgruppen oder gegnerischen Kräften zu beeinflussen. Dies geschieht durch gezielte Verbreitung von Informationen – oder Desinformationen – über Medien, soziale Netzwerke und andere Kommunikationskanäle.
Geheimdienstliche Operationen:
PMCs übernehmen auch Aufgaben, die traditionell Geheimdiensten vorbehalten sind. Dazu zählen militärische Aufklärung, Überwachung und das Sammeln von Informationen in sensiblen Gebieten. Diese Aktivitäten sind spezialisiert und erfordern umfassendes Wissen über Spionagetechniken und moderne Technologie.
Hintergrund
Mit der weltweiten Verkleinerung der Armeen nach dem Ende des Kalten Krieges entstand ein Überangebot an arbeitslosen ausgebildeten Soldat*innen, was die Entstehung privater Militärunternehmen begünstigte. Seit dem Ende des Kalten Krieges gibt es einen Trend zur Auslagerung von Dienstleistungen in die Privatwirtschaft ausgelagert, beispielsweise wurden viele Rüstungskonzerne privatisiert. Diese Unternehmen entstanden vor allem in den USA, Großbritannien, Südafrika, Russland und Israel.
Bei einem Blick auf die Zahlen stellt man fest, dass seit den 1990er Jahren aber vor allem seit 2000 PMCs verstärkt zum Einsatz kommen. Der Anstieg der Einsätze in den 1990er Jahren lässt sich vor allem in Afrika verorten. Während es durch das Ende des Kalten Krieges zwar zu einem Rückgang von Konflikten und Kriegen zwischen Staaten kam, brachen nun vermehrt innerstaatliche Konflikte aus, sogenannte Bürgerkriege. Diese Konflikte zwischen der Regierung eines Staates und Rebellengruppen konzentrierten sich vor allem auf dem afrikanischen Kontinent. Fremde Staaten, wie die USA oder Russland, zeigten, anders als zu Zeiten des Kalten Kriegs, weniger Bereitschaft die Konfliktparteien der Bürgerkriege direkt militärisch zu unterstützen. Für die Konfliktparteien bedeutete das, dass sie sich anderweitig Hilfe suchen mussten, welche sie bei PMCs fanden. Doch der größte Anstieg des Einsatzes von PMCs ereignete sich seit den 2000er Jahren. Besonders wurden PMCs in den Konflikten im Irak und in Afghanistan aktiv. In diese beiden Konflikte intervenierten auch andere fremde Staaten militärisch und auch diese griffen auf PMCs zurück.
Vorteile für die Auftraggebenden
Der Einsatz von Private Military Companies bietet Staaten mehrere Vorteile. Zum einen können sie diplomatische Verwicklungen minimieren und eigene Verluste verschleiern. Auftraggeber*innen argumentieren oft, dass der Einsatz von Militärfirmen kostengünstiger sei als der Einsatz eigener Streitkräfte. Dies ist jedoch unter Expert*innen umstritten, da die teure Ausbildung weiterhin in der Verantwortung der nationalen Armeen liegt. Soldat*innen, die anschließend zu PMCs wechseln, erhalten oft ein Vielfaches ihres vorherigen Soldes.
Durch den Einsatz von PMCs oder anderen Dienstleistern für nicht-kämpferische Aufgaben können reguläre Soldat*innen den Kampftruppen zugeführt und so die Schlagkraft der Armee erhöht werden. Einige hochtechnisierte Waffen-, Ortungs- und Kommunikationssysteme erfordern einen erheblichen Ausbildungsaufwand für das militärische Personal. Aus diesem Grund stellen einige Rüstungsunternehmen im Auftrag des Staates Techniker*innen zur Verfügung, die gemeinsam mit den Streitkräften eingesetzt werden.
Wenn Mitarbeiter*innen von Sicherheitsunternehmen getötet, verletzt oder dauerhaft geschädigt werden, gerät eine Regierung nicht in demselben Maße unter innenpolitischen Druck wie bei eigenen Soldaten*innen oder gar Wehrpflichtigen. Die unklare rechtliche Stellung der Sicherheitsfirmen kann aus Sicht der Auftraggeber*innen ebenfalls als Vorteil gesehen werden. Ihre Mitarbeiter*innen operieren oft in einer Grauzone des Kriegsvölkerrechts, an das reguläre Soldat*innen gebunden sind. Ein häufiger Vorwurf an Staaten, die PMCs einsetzen, ist daher, dass sie das Kriegsvölkerrecht bewusst umgehen.
So waren einige private Kämpfer, die 2007 im Auftrag des US-Außenministeriums im Irak eingesetzt wurden, durch ihre Arbeitsverträge sowie durch Abkommen zwischen den USA und dem Irak sowohl vor kriegsvölkerrechtlicher als auch vor strafrechtlicher Verfolgung in beiden Ländern geschützt. Zudem können mit Hilfe von PMCs Truppenzahlbeschränkungen umgangen werden. Legt das Parlament des Auftraggeberlandes oder die Regierung des Ziellandes eine maximale Truppenstärke fest, kann diese durch den Einsatz privater Militärfirmen unbemerkt überschritten werden. Für Regierungen, die einen Putsch des eigenen Militärs fürchten, bieten PMCs eine Möglichkeit, die Macht des nationalen Militärs einzuschränken und dennoch militärisch handlungsfähig zu bleiben.
Problemstellung und Kritik
Es gibt viel Kritik am Einsatz von PMCs. Die Strafverfolgung dieser Firmen in ihren Entsendestaaten gestaltet sich schwierig und findet kaum statt. PMCs bewegen sich oft in juristischen Grauzonen und sind von staatlichen Stellen schwer zu kontrollieren. Ihre Mitarbeiter*innen gelten als Zivilisten im Sinne der Genfer Konventionen, solange sie nicht unmittelbar an militärischen Kampfhandlungen teilnehmen. Tun sie dies doch, können sie nach nationalem Strafrecht verurteilt werden.
Erhalten sie einen Kampfauftrag, gelten die betreffenden Personen nur dann als Kombattant*innen, wenn sie der organisierten Führung regulärer Streitkräfte unterstehen, in diese eingegliedert sind und die gegnerische Partei offiziell über ihre Teilnahme informiert wurde. Ohne diese Eingliederung gelten sie gemäß des Zusatzprotokolls I zum III. Genfer Abkommen als Söldner*innen, wenn sie an Kampfhandlungen teilnehmen. Allerdings sind die Grenzen zwischen Sicherheitsaufgaben und Kampfhandlungen oft fließend.
PMCs stehen immer wieder in der Kritik, weil die staatliche Kontrolle als unzureichend und im Vergleich zum Militär als schwächer wahrgenommen wird. Im Gegensatz zum konventionellen Militär, das durch politische Kontrolle, Kriegsrecht und Befehlshierarchie eingeschränkt wird, unterliegen diese Unternehmen oft keiner klaren Rechenschaftspflicht oder verbindlichen Verhaltensnormen. Zudem widerspricht der Einsatz militärisch bewaffneter Privatpersonen dem staatlichen Gewaltmonopol, einer der wichtigsten Grundlagen des modernen Rechtsstaates. Obwohl solche Unternehmen mit staatlicher Genehmigung Gewalt ausüben, haben staatliche Stellen weit geringere Möglichkeiten, diese Gewaltausübung zu steuern und zu kontrollieren als bei Polizei und Militär.
Darüber hinaus haben private Sicherheits- und Militärfirmen ein wirtschaftliches Interesse an der Fortsetzung von Konflikten. Da sie häufig mit klassischen Rüstungsunternehmen verbunden sind, besteht die Gefahr, dass sie ihre Position sowie die Lobby- und Finanzkraft des militärisch-industriellen Komplexes nutzen, um Konflikte zu verlängern.
Die privatwirtschaftliche Natur von PMCs stellt auch eine Gefahr für die Auftraggeber dar, insbesondere für Staaten, da ein Militärunternehmen im Gegensatz zu einer militärischen Einheit bankrott gehen kann. Zudem haben Wirtschaftexpert*innen generell Zweifel an dem wirtschaftlichen Nutzen dieser Unternehmen.
Beleuchtung der Problemstellung anhand eines Beispiels

Private Militär- und Sicherheitsunternehmen wie die Wagner-Gruppe haben in den letzten Jahren eine immer größere Rolle als Instrumente der Einflussnahme für Staaten übernommen. Ein besonders auffälliges Beispiel ist die Wagner-Gruppe, die in verschiedenen Krisenregionen weltweit aktiv ist, darunter Syrien, die Ukraine und zahlreiche afrikanische Länder wie Zentralafrika, Sudan, und Mosambik. Die Wagner-Gruppe operiert in diesen Regionen oft im Auftrag russischer Interessen und bietet Sicherheitsdienstleistungen, militärische Ausbildung und Unterstützung bei der Bekämpfung von Aufständen oder terroristischen Gruppen.
Ein besonderes Merkmal der Wagner-Gruppe ist, dass die Grenze zwischen einem staatlichen Akteur und einem privaten Unternehmen in ihrem Fall verschwimmt. Die Gruppe wird oft als verlängerte Hand des russischen Staates betrachtet, obwohl sie offiziell als privates Unternehmen auftritt. Diese undurchsichtige Struktur ermöglicht es Russland, politische und militärische Ziele zu verfolgen, ohne sich direkt auf internationaler Ebene verantwortlich zu machen. Dies wird besonders deutlich im ukrainischen Konflikt, wo Wagner-Kämpfer an der Seite russischer Truppen gegen ukrainische Streitkräfte kämpfen.
In Afrika wird Wagner als Unterstützer von autoritären Regimen wahrgenommen. In Ländern wie der Zentralafrikanischen Republik oder Mosambik stellt Wagner die Sicherheit für Staatsoberhäupter bereit, die internationale Kritik an ihrer Regierungsführung vermeiden möchten. Dies führt zu schweren Menschenrechtsverletzungen, die in verschiedenen Berichten von internationalen Organisationen dokumentiert wurden. Die Gruppe wird auch mit zahlreichen Kriminalakten in Verbindung gebracht, wie etwa Folter, Ermordung von Zivilisten und der Plünderung von Ressourcen.
Die Wagner-Gruppe hat zudem Russland im Jahr 2023 vor eine Sicherheitskrise gestellt, als es zu Interner Rebellion kam. Ein Putschversuch durch Wagner-Chef Prigozhin brachte das Land an den Rand einer Krise, was die enge Verflechtung zwischen diesem privaten Unternehmen und dem russischen Staat noch einmal verdeutlichte. Dieser Vorfall unterstrich die Gefahr, die private Militärfirmen für die staatliche Kontrolle und politische Stabilität darstellen können, wenn sie außer Kontrolle geraten.
Insgesamt zeigt sich, dass PMCs wie Wagner nicht nur als Werkzeuge der Militärmacht fungieren, sondern zunehmend auch als Mittel der politischen Einflussnahme auf globaler Ebene. Sie ermöglichen es Staaten, geostrategische Ziele zu verfolgen, ohne direkt Verantwortung übernehmen zu müssen, was sie zu einem zweischneidigen Schwert in der internationalen Politik macht.
Lösungsansätze
Die 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Konvention gegen die Rekrutierung, Verwendung, Finanzierung und Ausbildung von Söldner*innen ist nur begrenzt auf diese Unternehmen anwendbar. Dafür gibt es verschiedene Gründe:
- Eingeschränkte Definition und Tätigkeitsbereiche: Die Konvention definiert Söldner*innen als Personen, die aus Gewinnstreben in bewaffnete Konflikte eingreifen, ohne Staatsangehörige einer Konfliktpartei zu sein oder deren Streitkräften anzugehören. Diese Kriterien schließen die meisten PMCs aus, da deren Mitarbeitende meist vertraglich für Aufgaben wie Sicherheitsdienste, Logistik, Training oder den Schutz von Infrastruktur engagiert werden und nicht direkt an Kampfhandlungen teilnehmen. Zudem agieren PMCs häufig im Auftrag von Regierungen, internationalen Organisationen oder Unternehmen, was sie rechtlich von klassischen Söldner*innen unterscheidet.
- Fehlende Ratifizierung durch Schlüsselstaaten: Wichtige Auftraggeberstaaten wie die USA und das Vereinigte Königreich haben die Konvention nicht ratifiziert. Dies schwächt ihre globale Wirkung erheblich und führt zu rechtlichen Lücken, die die Regulierung privater Militärunternehmen erschweren.
Die eingeschränkte Anwendbarkeit der Konvention verdeutlicht den Bedarf an einer Aktualisierung des völkerrechtlichen Rahmens, um den Aktivitäten privater Militär- und Sicherheitsunternehmen besser zu begegnen und bestehende Lücken zu schließen.
Ein erster Versuch, die Rechtsstellung privater Sicherheits- und Militärunternehmen auf zwischenstaatlicher Basis zu konkretisieren, ist das im September 2008 von 17 Ländern verabschiedete Montreux-Dokument. Dabei handelt es sich allerdings nicht um einen verbindlichen völkerrechtlichen Vertrag. Weder die Vereinten Nationen noch der Sicherheitsrat waren direkt an der Ausarbeitung des Montreux-Dokuments beteiligt, da es eine Initiative der Schweiz und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) war.
Neben internationalen Bemühungen gibt es auch regionale und nationale Initiativen, die auf die Einschränkung und Kontrolle von PMCs abzielen. In Afrika hat beispielsweise Südafrika mit dem Foreign Military Assistance Act eines der strengsten Gesetze zur Regulierung von Söldner*innen und PMCs verabschiedet. Dieses Gesetz verlangt, dass südafrikanische Staatsbürger*innen eine Genehmigung für jegliche militärischen Dienstleistungen im Ausland einholen. Die Afrikanische Union (AU) unterstützt ebenfalls Initiativen zur stärkeren Kontrolle privater Akteure in Konflikten.
In Lateinamerika gibt es ebenfalls strikte gesetzliche Regelungen, wie etwa in Venezuela und Kuba, die die Einmischung nichtstaatlicher Akteure verhindern sollen. Auf regionaler Ebene diskutieren Organisationen wie CELAC (Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten) über Maßnahmen, um die Souveränität ihrer Mitglieder gegen PMCs zu schützen.
Die Europäische Union hat Sicherheitsdienstleister in internationalen Missionen strenger reguliert und setzt auf Ausschreibungen mit klaren Standards. Gleichzeitig bleiben wichtige Auftraggeberstaaten wie die USA und das Vereinigte Königreich zurückhaltend bei verbindlichen Vorschriften. Diese beiden Länder nutzen PMCs umfangreich und setzen auf freiwillige Regeln wie den International Code of Conduct (ICoC).
Die Vereinten Nationen widmen sich ebenfalls der Problematik von PMCs. Eine zentrale Rolle spielt dabei die 2005 vom Menschenrechtsrat ins Leben gerufene UN-Arbeitsgruppe über die Nutzung von Söldner*innen. Diese Arbeitsgruppe analysiert und bewertet die Auswirkungen von PMCs auf die Menschenrechte und das Völkerrecht. Dabei hat sie wiederholt die enge Definition von Söldner*innen in der Konvention von 1989 kritisiert, da diese nur begrenzt auf PMCs anwendbar ist. Die Arbeitsgruppe hebt hervor, dass die modernen Tätigkeitsfelder dieser Unternehmen häufig weit über die klassischen, in der Konvention beschriebenen Söldneraktivitäten hinausgehen.
Auch hat die Arbeitsgruppe mehrfach darauf hingewiesen, dass PMCs in Konfliktgebieten, aber auch in friedlichen Kontexten, erhebliche Risiken für die Achtung der Menschenrechte darstellen können. Dazu gehören Fälle von Menschenrechtsverletzungen, mangelnder Transparenz und unzureichender Rechenschaftspflicht. Die Arbeitsgruppe setzt sich daher für die Entwicklung eines umfassenderen völkerrechtlichen Rahmens ein, der sowohl die Aktivitäten als auch die Verantwortlichkeit von PMCs klar regelt.
Dennoch hat sich auch der SR in der Vergangenheit bereits mit der Problematik der privaten Sicherheits- und Militärunternehmen befasst. In Resolution 2331 (2016) wird beispielsweise ausdrücklich festgestellt, dass „nichtstaatliche Akteure, einschließlich privater Sicherheits- und Militärunternehmen, in einigen Fällen die Konflikte verschärfen und zur Instabilität beitragen können“, und die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um solche Akteure unter nationale und internationale Aufsicht zu stellen. Auch in Resolution 2422 (2018) wird die Notwendigkeit betont, „dass alle Staaten sicherstellen, dass keine Lücken in der Regulierung oder Kontrolle von Akteuren entstehen, die in bewaffneten Konflikten tätig sind“.
Der Sicherheitsrat (SR) spielt eine entscheidende Rolle bei der Schließung dieser Lücken, auch wenn er selbst keine Abkommen verabschieden kann. Stattdessen kann der SR Resolutionen erlassen, die die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, konkrete Maßnahmen zu ergreifen oder das Thema stärker in den Fokus der internationalen Gemeinschaft zu rücken.
Darüber hinaus könnte der Sicherheitsrat gezielt darauf hinwirken, die bestehende Regulierung international zu koordinieren. Denkbare Maßnahmen umfassen etwa die Einrichtung eines Kontrollmechanismus zur Überwachung von Unternehmen, die in Konfliktgebieten tätig sind, sowie die Förderung von Transparenzinitiativen. Auch könnte der Sicherheitsrat regelmäßig Berichte von Expertengremien anfordern, die den Einfluss solcher Unternehmen analysieren und Handlungsempfehlungen formulieren.
Internationale Bemühungen, PMCs zu regulieren und für ihre Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen, sind bisher gescheitert. Obwohl es Versuche gab, auf internationaler Ebene einen bindenden Vertrag über PMCs zu erstellen, wurden diese Bemühungen vor allem durch die USA, Großbritannien, Südafrika und Israel blockiert – Länder, die PMCs häufig nutzen.
Um der Kritik entgegenzuwirken und PMCs einen besseren Ruf zu verschaffen, wurde im April 2001 die International Peace Operations Association (später International Stability Operations Association, ISOA) gegründet. Dabei handelt es sich um einen Unternehmensverband, der die Interessen seiner Mitglieder vertritt. Die ISOA hat einen für alle Mitglieder gültigen Verhaltenskodex entwickelt, der einheitliche ethische Verpflichtungen festlegt. Dieser Kodex beruht unter anderem auf der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie den Genfer Konventionen. Wenn dieser jedoch nicht befolgt wird, hat dies keine rechtlichen Konsequenzen.
Haltung von Staaten zu PMCs: Übersicht
Befürwortung
- Südafrika: Strenges nationales Gesetz (Foreign Military Assistance Act), das Söldneraktivitäten und PMCs stark reguliert.
- Schweiz: Unterstützt das Montreux-Dokument und fördert internationale Standards zur Kontrolle von PMCs.
- Venezuela: Strikte nationale Gesetze gegen Söldner*innen und PMCs zum Schutz der nationalen Souveränität.
- Kuba: Verbot von Söldnertum und privaten militärischen Aktivitäten auf nationaler Ebene.
Ablehnung
- USA: Größter Nutzer und Auftraggeber von PMCs, bevorzugt freiwillige Standards (z. B. International Code of Conduct).
- Vereinigtes Königreich: Intensive Nutzung von PMCs, lehnt verbindliche internationale Regulierungen ab und unterstützt freiwillige Ansätze.
- Frankreich: Umfangreiche Einbindung von PMCs, insbesondere in Afrika, ohne strenge nationale Beschränkungen.
- Israel: Regelmäßiger Nutzer von PMCs, blockiert bindende internationale Vereinbarungen.
- Australien: Engagiert PMCs für Sicherheits- und militärische Operationen, zeigt wenig Interesse an umfassender internationaler Regulierung.
Diskussionspunkte
- Müssen PMCs besser überwacht werden und wie könnte das umgesetzt werden?
- Sollten sie denselben Gesetzen wie staatliche Armeen unterliegen?
Einsatzgebiete:
- Sollten PMCs in Kampfhandlungen eingesetzt werden dürfen?
- Welche Aufgaben sind für private Firmen angemessen?
Rechtliche Grauzonen:
- Wie kann sichergestellt werden, dass PMCs keine Menschenrechte verletzen?
- Sollten PMCs für Gesetzesverstöße stärker bestraft werden und wer soll dafür zuständig sein?
Ethik und Transparenz:
- Wer ist verantwortlich, wenn PMCs Fehler machen?
- Wie können PMCs verpflichtet werden, ethisch zu handeln?
Lexikon
Söldner*innen: Personen, die gegen Bezahlung für einen Krieg oder Konflikt kämpfen, ohne Teil der regulären Streitkräfte eines Staates zu sein. Nach internationalem Recht gelten sie nicht als Kombattant*innen (legale Kämpfer).
Genfer Konventionen: Internationale Abkommen, die Regeln für den Schutz von Menschen im Krieg festlegen, z. B. von Zivilist*innen und verwundeten Soldat*innen. PMCs fallen rechtlich oft in Grauzonen, da ihre Mitarbeiter*innen je nach Tätigkeit entweder als Zivilisten*innen oder Söldner*innen eingestuft werden.
Zusatzprotokoll I zum III. Genfer Abkommen: Ein Protokoll, das 1977 verabschiedet wurde und die Rechte und Pflichten von Kombattant*innen regelt. PMCs gelten als Söldner*innen, wenn sie keine direkte Eingliederung in eine reguläre Armee nachweisen können.
Montreux-Dokument (2008): Ein unverbindliches Abkommen, das Grundsätze und Regeln für den Einsatz von PMCs festlegt. Es soll sicherstellen, dass PMCs internationale Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht respektieren.
International Peace Operations Association (IPOA) / International Stability Operations Association (ISOA): Ein Verband, der PMCs vertritt und ethische Standards für die Branche aufstellt. Der Verhaltenskodex der ISOA basiert auf Menschenrechtsabkommen wie den Genfer Konventionen, ist jedoch rechtlich nicht bindend.
Kriegsvölkerrecht: Auch als internationales humanitäres Recht bekannt, regelt es die Führung von Kriegen und schützt Personen, die nicht direkt an den Kämpfen beteiligt sind. PMCs operieren oft in rechtlichen Grauzonen dieses Rechts.
Outsourcing: Die Auslagerung von Aufgaben, die früher von staatlichen Organisationen übernommen wurden, an private Unternehmen. Bei PMCs betrifft dies militärische und sicherheitsrelevante Aufgaben.
Kombattantenstatus: Der rechtliche Status, der Personen erlaubt, an Kampfhandlungen teilzunehmen. PMCs erhalten diesen Status oft nicht, da sie nicht Teil regulärer Armeen sind.
Staatliches Gewaltmonopol: Das Prinzip, dass der Staat als einziger das Recht hat, Gewalt auszuüben, z. B. durch Polizei oder Militär. Der Einsatz von PMCs wird oft als Bedrohung dieses Monopols gesehen.
Lobbyismus: Einflussnahme von Unternehmen oder Organisationen auf politische Entscheidungen. PMCs nutzen Lobbyarbeit, um ihre Interessen durchzusetzen, z. B. weniger Regulierung oder mehr staatliche Aufträge.
Desinformation: Die absichtliche Verbreitung falscher oder irreführender Informationen, oft als Teil von Psychologischen Operationen (Psy Ops), um Meinungen oder Verhalten zu beeinflussen.
Konvention gegen die Rekrutierung, Verwendung, Finanzierung und Ausbildung von Söldnern (1989): Ein völkerrechtlicher Vertrag der UN, der Söldnertätigkeiten verbietet. Er wird jedoch nur begrenzt auf PMCs angewendet, da diese oft andere Aufgaben als den direkten Kampfeinsatz übernehmen.
Psychologische Operationen (PsyOps): Maßnahmen, die darauf abzielen, das Verhalten von Menschen durch gezielte Information oder Desinformation zu beeinflussen. PMCs bieten diese Dienste oft an.
Kalter Krieg: Ein geopolitischer Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion (ca. 1947–1991), der nach seinem Ende zu einer Reduzierung der nationalen Armeen und einem Anstieg von PMCs führte.
Militärisch-industrieller Komplex: Das enge Netzwerk von Rüstungsunternehmen, PMCs und staatlichen Stellen, das wirtschaftliche und politische Interessen im Zusammenhang mit Krieg und Militär verfolgt.
Rechtliche Grauzonen: Situationen, in denen Gesetze unklar oder uneinheitlich angewendet werden. PMCs profitieren häufig davon, da es für ihre Tätigkeiten oft keine spezifischen internationalen Regelungen gibt.
Quellenangaben und Hinweise zur Recherche
- Wikipedia:
- Gute Übersicht über das Thema
- Vorteile/Nachteile
- Kritik an PMCs
- Zu finden hier
- Center for Civilians in Conflict
- Befasst sich insbesondere mit der Kritik an PMCs
- Verletzungen der Menschenrechte in Konflikten, wo PMCs anwesend sind
- Zu finden hier
- DW
- Überblick über das Thema
- Rechtsgrundlagen
- Wagner Gruppe
- Zu finden hier
- ISOA
- Code of Conduct von PMCs
- Zu finden hier
- GSD
- Überblick über das Thema
- Aufgaben
- Zu finden hier
- Bundestag
- Überblick
- Zweck
- Rechtliche Grundlagen
- Völker- und (Völker-) strafrechtliche Grundlagen
- Zu finden hier
- Bundeszentrale für Politische Bildung
- Allgemeiner Überblick
- Rechtliche Grundlagen/Gesetze
- Erklärungen für das Phänomenen
- Zu finden hier
- Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen
- Allgemeine Übersicht
- Fokus auf Möglichkeiten der Regulierung
- Zu finden hier
- The Commercial Military Actor Database
- Zahl der Einsätze von PMCs
- Zu finden hier
- Suchbegriffe:
- PMCs
- Private Militärdienstleister
- Private Militär- und Sicherheitsunternehmen
- Söldner