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Wirtschafts- und Sozialrat

- WiSo TOP 1: Queerer Reproduktionstourismus

Inhaltshinweise: Genetische Forschung, Gesundheitsrisiken bei Schwangerschaft und Geburt, Nennung Todesstrafe

Viele Menschen wünschen sich, ein Leben mit eigenen Kindern zu führen. Gerade für viele queere Paare sind assistierte Fortpflanzungsmethoden die einzige Option, ein Kind mit biologischer Eltern-Kind-Beziehung zu bekommen. Gleichzeitig sind sie in vielen Ländern rechtlich von diesen Angeboten ausgeschlossen oder mit höheren Hürden konfrontiert. 

Reproduktionstourismus beschreibt das Phänomen, dass Personen in ein anderes Land reisen, um dort eine künstliche Fortpflanzungsmethode in Anspruch zu nehmen. Menschen aus wirtschaftlich starken Regionen reisen in ein Land, in dem sie Möglichkeiten in Anspruch nehmen können, die in ihrem Herkunftsland stärker reguliert, verboten oder schlicht viel teurer sind. Das betrifft Paare, die nicht auf „natürlichem Weg“ ein Kind bekommen können oder Einzelpersonen, die sich unabhängig von eine*r Partner*in ein Kind wünschen.

Bei vielen Aufträgen privilegierter Paare aus dem globalen Norden sind Eizell- oder Samenspender*innen, sowie Leihmütter aus dem globalen Süden und wirtschaftlich schwachen Milieus beteiligt, deren Rechte während ihrer Beteiligung am Prozess in Vergessenheit geraten.

Einleitung

Das Unterziel 3.7 der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDG) fordert weltweit den allgemeinen Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten. Zu reproduktiver Gerechtigkeit zählt laut des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) auch das Recht, ein Kind zu bekommen. Dabei bezieht sich dies vor allem auf Personen, denen von vornherein gesellschaftlich abgesprochen wird, ein Kind zu bekommen, wie beispielsweise Menschen mit bestimmten Behinderungen. 

Unfruchtbarkeit oder die Unmöglichkeit, mit dem*der Partner*in ein Kind zu bekommen, führt bei vielen Personen zu einer hohen psychischen Belastung oder Erkrankung. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) stuft Unfruchtbarkeit als Krankheit ein. Eine Behandlung, die die Reproduktion unterstützt, sei demzufolge als Gesundheitsleistung, die jeder Person zur Verfügung stehen sollte, anzusehen. Vor allem im Bezug auf die Gewährleistung gleicher Rechte für queere Personen, sei es besonders wichtig, dass alle Menschen selbst über Familienplanung und darüber, welche Methoden sie dafür in Anspruch nehmen, entscheiden können.

Im Bezug auf Reproduktionsmedizin wird debattiert, ab wann einem Embryo Schutzansprüche zugesprochen und inwiefern diese mit den Interessen und Rechten der schwangeren Person oder Eltern abgewogen werden können. Einer Ansicht nach werden Grenzen überschritten, wenn Menschen darüber bestimmen, wie ein neues menschliches Leben heranwächst. Fraglich ist für andere, ob von „menschlichem Leben“ gesprochen werden kann, wenn ein Embryo nicht selbstständig ohne einen anderen Körper lebensfähig ist. Geprägt wird der Diskurs von religiösen und kulturellen, aber auch gesellschaftspolitischen und herrschaftsbedingten Einflüssen.

Dieser Text versucht nicht, eine Antwort darauf zu finden, sondern befasst sich spezifisch mit dem reproduktiven Reisen und fragt: Wie ist die aktuelle Situation? Welche Auswirkung hat sie für die Beteiligten? Wie kann reproduktives Reisen gerechter gestaltet werden?

Hintergrund und Grundsätzliches

Aufgrund der negativen Behaftung des Begriffs “Tourismus” wird der Begriff “reproduktives Reisen” bevorzugt. Es ist begleitet von einem Leiden am unerfüllten Kinderwunsch und der Frustration darüber, sich von der Vorstellung von einem genetisch eigenen Kind und damit von den eigenen Lebensentwürfen verabschieden zu müssen. 

Welche Reproduktionsmethoden gibt es überhaupt?

Eine der medizinisch unterstützten Reproduktionsmethoden ist die künstliche Befruchtung, die auf unterschiedlichen Wegen durchgeführt werden kann. Die davon am meisten diskutierte Methode ist die In-Vitro-Fertilisation (IVF). Dabei werden der Person mit Uterus nach einer Hormonbehandlung mehrere Eizellen entnommen, die im Labor entweder mit Spermien zusammengeführt oder mit einem einzelnen Spermium injiziert werden. Falls die Befruchtung glückt, wird die Eizelle nach der zweiten Zellteilung wieder in den Uterus eingesetzt. Alternativ kann das Verfahren mit Eizellen von eine*r Spender*in durchgeführt werden. Die Wahrscheinlichkeit der Geburt eines Kindes bei ca. 23 %. Bisher erforschte kurzfristige gesundheitliche Risiken für die Spender*in im Zusammenhang mit der Eizellspende sind sehr gering.

Eine andere, meist mit IVF kombinierte Methode ist die sogenannte Leihmutterschaft. Hier werden entweder die Eizellen von eine*r Partner*in des Auftragselternpaares, von einer dritten Spender*in oder die der Leihmutter künstlich befruchtet und diese*r eingesetzt. So trägt die Leihmutter das Kind für das Auftragselternpaar aus.

Dabei sind die erhöhten Risiken, die das Einsetzen fremder Eizellen birgt, zu berücksichtigen. Es kann verstärkt zu entzündlichen Gegenreaktio­nen im Körper der schwangeren Person, wie auch zu Schwangerschaftsdiabetes und Blutungen vor oder nach der Geburt kommen.  Bei einer Schwangerschaft durch Eizellspende besteht ein erhöhtes Risiko, in einer früheren Schwangerschaftswoche und mittels Kaiserschnittes zu entbinden.

Im Verlauf der IVF wird in manchen Ländern eine Präimplantationsdiagnostik (PID) durchgeführt: Die Zellen des außerhalb des Körpers erzeugten Embryos werden genetisch untersucht. Dadurch können Ärzt*innen erkennen, ob der Embryo eine Erbkrankheit hat oder ein Risiko für die Schwangerschaft wie eine Fehl- oder Totgeburt besteht. Infolgedessen kann die Entscheidung getroffen werden, die Eizelle nicht einzusetzen. In manchen Ländern ist es außerdem möglich, durch PID das biologische Geschlecht des eingesetzten Embryos auszuwählen.

Wer nimmt in welchem Land welche Methoden in Anspruch? 

Durch das Verbot von Eizell- und Samenspende in verschiedenen europäischen Ländern sind Millionen europäische Bürger*innen auf Behandlung aus dem Ausland angewiesen. Das betrifft besonders lesbische Paare, die eine Samenspende für eine IVF brauchen, was oftmals nur verheirateten Paaren zugänglich ist. Diese Voraussetzung führt oft zum Ausschluss von queeren Paaren. Anderenorts ist eine Behandlung von queeren Paaren insgesamt verboten.

Bei der Wahl des Behandlungslandes spielen finanzielle Aspekte, aber auch Beratungsangebote und die Reputation der Kliniken eine Rolle. Vor allem aus finanziellen Gründen reisen beispielsweise viele US-Amerikaner*innen für eine Behandlung nach Europa, obwohl die Behandlung in den USA erlaubt ist.

Etwas mehr als die Hälfte aller in Europa durchgeführten Eizellspendebehandlungen finden in Spanien oder Tschechien statt. Andere beliebte Länder sind Griechenland, Portugal und Zypern. Viele Patient*innen wünschen sich eine gewisse Ähnlichkeit zu ihrem Kind.  Da in Nord- und Osteuropa mehr Menschen mit hellen Haaren und Augen leben, werben beispielsweise spanische Kliniken Osteuropäer*innen mit diesen Ausprägungen als Spender*innen für Nordeuropäer*innen an. Die Eizellspender*innen kommen also oft selbst nicht aus dem Land, in dem die Behandlung durchgeführt wird.

Ähnlich verhält es sich mit der Leihmutterschaft. Diese ist innerhalb Europas in der Ukraine, in Albanien, Georgien und Griechenland gesetzlich geregelt. Kliniken in diesen Ländern behandeln meist Paare mit Kinderwunsch aus Westeuropa. Die meisten südamerikanischen Länder haben keine spezifische Gesetzgebung zur Leihmutterschaft. Vor allem in Kolumbien, Mexiko und Argentinien wird sie in der gesetzlichen Grauzone durchgeführt und meist von US-Amerikaner*innen in Anspruch genommen. Auch in Zentralasien, in Kasachstan und Kirgistan ist eine Leihmutterschaft legal. Andere Länder wie beispielsweise Indien haben eine Leihmutterschaft indischer Personen für ausländische Paare verboten.

Aktuelles

Schon bei der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung in Kairo 1994 (International Conference on Population and Development, ICPD) wurde “die Freiheit der einzelnen oder Paare, zu entscheiden, ob und wie viele Kinder sie haben wollen und in welchem Abstand diese zur Welt kommen sollen.“ von der damaligen Exekutivdirektorin des UNFPA und Generalsekretärin der Konferenz, Nafis Sadik, in den Fokus der neuen bevölkerungspolitischen Richtlinien für die internationale Zusammenarbeit gerückt. 

Die Umsetzung der Ziele der Kairoer Konferenz wird jährlich von der Kommission für Bevölkerung und Entwicklung (Commission on Population and Development – CPD) überprüft. Bei der Konferenz der CPD 2024 war zunehmend Gegenwind gegen Forderungen der Kairoer Konferenz spürbar. In den Augen vieler konservativer Regierungen bedroht die Ausweitung reproduktiver Rechte von queeren, unverheirateten oder alleinstehenden Personen bestimmte kulturelle Werte und das Ideal der „Kernfamilie“, bestehend aus Mutter und Vater, die verheiratet sind und leibliche Kinder haben.

Das Grundsatzpapier “Advancing Sexual and Reproductive Health and Rights in the Private Sector” des UNFPA, veröffentlicht im Mai 2024, führt die Leihmutterschaft als Teil einer umfassenden Familienplanung auf, die jeder Person zur Verfügung stehen sollte. Bereits im Vorwort proklamiert die Direktorin des UNFPA Natalia Kanem: Arbeitgeber*innen sollten die Leihmutterschaft neben Adoption und dem Einfrieren von Eizellen für Angestellte finanziell unterstützen. Damit bestärkt sie im Namen des Fonds das Recht jeder Person darauf, ein Kind zu bekommen. 

In einem Schreiben an den UNFPA sprachen sich im Juli 2024 50 Nichtregierungsorganisationen aus 15 verschiedenen Ländern gegen diese Leitlinien aus. Ein Kinderwunsch, scheinbar “um jeden Preis”, rücke die Interessen der Eltern in den Mittelpunkt, was der Präzedenz des Kindeswohls nach der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 widerspreche und die Rechte von Eizellspender*innen und Leihmüttern verletze.

Erst 2024 erzielte das Europäische Parlament eine Änderung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels, durch die Ausbeutung der Leihmutterschaft als Straftat im Zusammenhang mit Menschenhandel belangt werden kann. Dabei sollen nicht die Leihmütter selbst, sondern diejenigen, “die Frauen durch Zwang oder Täuschung dazu bewegen, eine Leihmutterschaft zu übernehmen”, bestraft werden. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis 2026 in nationales Recht umzusetzen.

Probleme und Lösungsansätze

Um die Reproduktionsautonomie von queeren Menschen abzusichern, müsste ein umfassender Zugang zu Reproduktionsmethoden geschaffen werden.

Ein erster Schritt könnte die Entwicklung eines harmonisierten Systems für Reproduktionstourismus sein. In einem globalen Register könnte beispielsweise dokumentiert werden, welche Paare sich in welchen Ländern behandeln lassen können. Das erleichtert Patient*innen den Überblick über die Angebote und sorgt für faire Marktbedingungen. Auf lange Sicht bedarf es Änderungen auf nationaler und internationaler Ebene.

Mangelhafte medizinische Versorgungslage

Als erstes muss die nötige Infrastruktur und das medizinische Fachpersonal daher faktisch vorhanden sein. Die finanzielle Unterstützung von Ausbildungsprogrammen für Gesundheitsberufe mit einem speziellen Fokus auf reproduktive Gesundheit auf nationaler Ebene könnte das positiv fördern. Durch subventionierte Ausbildungen oder Studiengänge können zudem mehr junge Menschen dazu motiviert werden, im medizinischen Bereich tätig zu werden. Fachwissen im Bereich der reproduktiven Gesundheit könnte in 

Weiterbildungsprogrammen für medizinisches Fachpersonal länderübergreifend übermittelt werden. Dies könnte als internationale Regelung festgelegt werden.

Auf nationaler Ebene…

Nachdem eine Behandlung, die im eigenen Land illegal ist, in einem anderen Land durchgeführt wurde, verweigern manche Ärzt*innen aktuell im Herkunftsland nach Rückkehr der Patient*innen deren medizinische Betreuung aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen. Dies kann, wie auch das Verschweigen der im Ausland durchgeführten Behandlung, zu Gefahren für die schwangere Person und das Kind führen; unter anderem, weil es im Falle von IVF öfter zu riskanteren Mehrlingsschwangerschaften kommt. Bei der Anerkennung der Staatsbürgerschaft des Kindes oder dessen Personenstatus als Kind der Wunscheltern kann es zu zusätzlichen Problemen kommen.

Behandlungen sollten für queere und für heterosexuelle Paare gleichermaßen zugänglich gemacht werden. Auf nationaler Ebene müsste zumindest die Behandlung nach der Rückkehr nicht im Strafrecht, sondern als Gesundheitsleistung geregelt sein.

… unter Berücksichtigung der Rechte von Leihmüttern und Eizellspender*innen

Vor allem Kliniken und Vermittlungsagenturen verdienen Geld damit, dass sie den Leihmüttern und Eizellspender*innen einen im Gegensatz zu der Summe, die die Wunscheltern zahlen, geringen Lohn zahlen. Der finanzielle Aspekt wiegt in der Entscheidung von Eizellspender*innen und Leihmüttern trotzdem am stärksten. So spenden größtenteils Personen aus unteren bis mittleren Einkommensschichten, während Personen, die eine Behandlung in Anspruch nehmen wollen, über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügen. Spender*innen und Leihmütter werden oft aus wirtschaftlich schwächeren Ländern als dasjenige, in dem die Behandlung durchgeführt wird, angeworben. Es besteht daher ein Wohlstands- und damit Machtgefälle innerhalb des Landes, aber auch grenzüberschreitend. Dies birgt die Gefahr von Ausbeutung und Menschenhandel, wenn Personen unter gegebenen Umständen nicht in der Lage sind, in finanzieller Not eine selbstbestimmte Entscheidung zu Eizellspende oder Leihmutterschaft treffen können.

Rechtliche Regelungen von assistierter Reproduktion müssen daher Rechte von Spender*innen und Leihmüttern besonders absichern.

Eizellspende

Im Fall einer Eizellspende im Zuge einer hormonellen Stimulation zum Zweck der Spende umfasst das die Ermöglichung der Aufklärung von Spender*in und die Empfänger*in über die mit der Spende verbundenen Risiken informiert, damit sie eine freiwillige und selbstbestimmte 

Entscheidung treffen können. Dazu ist erst einmal ein beratendes Gespräch mit den Ärzt*innen notwendig. Zudem könnte die Bereitstellung leicht zugänglicher Informationen durch eine öffentlich-rechtliche Institution, sowie eine unabhängige Beratung zu einer fundierten Entscheidung beitragen.

Zusätzlich müssen Verfahren eingesetzt werden, die Belastungen und Gesundheitsgefahren für die Spenderin so gering wie möglich halten. Eine Kontrollinstanz müsste eine dahingehende Qualitätssicherung durchführen. Die Spenderin müsse zudem durch eine angemessene Versicherung gegen kurz- oder langfristige Gesundheitsrisiken abgesichert sein und eine Aufwandsentschädigung erhalten, die nicht nur ihre finanziellen Aufwendungen, sondern auch die körperlichen und psychischen Belastungen berücksichtigt.

Es könnte zudem eine besondere Regelung für lesbische Paare geben, in der die Spende von Eizellen der einen Partnerin an die andere Partnerin, sofern sie kein besonderes medizinisches Risiko birgt, in jedem Fall zulässig ist.

Leihmutterschaft

Der Grundgedanke des „altruistischen“ Modells der Leihmutterschaft ist, dass die Motivation der Leihmutter die Nächstenliebe für ungewollt kinderlose Paare statt der Möglichkeit, mit der Schwangerschaft Geld zu verdienen, sei. Sie* erhält eine Aufwandsentschädigung, die dementsprechend geringer sein kann als ein Lohn, der bei einem „kommerziellen Modell“ der Leihmutterschaft gezahlt werden muss. Das schließt allerdings nicht aus, dass andere nach wie vor damit Geld verdienen. Bevorzugt sollte Leihmutterschaft insofern einem „altruistischen“ Modell nachgehen, indem sie nicht als Geschäftsmodell für Kliniken und Agenturen bereitsteht. Das könnte auf nationaler Ebene durch Begleitung und Beratung der beteiligten Parteien, sowie Organisation der Behandlung nur durch darin spezialisierte gemeinnützige Einrichtungen unterbunden werden.

Um der Gefahr des Menschenhandels entgegenzuwirken, müsste eine tatsächlich freie Entscheidung der Person, Leihmutter zu sein, garantiert sein. Manche Leihmütter verpflichten sich vertraglich dazu, gewisse Aktivitäten, die auch oft ihre berufliche Tätigkeit miteinschließen, während der gesamten Schwangerschaft zu unterlassen. Sie haben nicht die Befugnis, die Übergabe des Babys nach der Geburt zu verweigern. Vertragliche Regelungen, die der Leihmutter Selbstbestimmungsrechte über ihren Körper absprechen, müssten grundsätzlich verboten werden.

Des Weiteren willigen Leihmütter häufig dazu ein, jeglichen Umgang mit dem Kind zu unterlassen. Ein Alternativmodell ist, dass Wunscheltern und die Leihmutter sich bereits vor der Schwangerschaft kennenlernen und auch danach eine Beziehung pflegen, die einem 

Co-Parenting-Modell ähnelt. So wird auch das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung berücksichtigt.

Eine angemessene Bezahlung der Leihmutter dagegen ist für viele nicht Ausdruck der Käuflichkeit des weiblichen* Körpers, sondern eine Anerkennung der Anstrengungen, die die Leihmutter im Zuge von Schwangerschaft und Geburt durchlebt hat. Diese müsste ebenfalls gesetzlich abgesichert werden.

Auf internationaler Ebene

Eine intensivere Förderung internationaler Netzwerke und Organisationen, die sich für reproduktive Rechte, auch von queeren Personen, einsetzen, könnte auf internationaler Ebene dazu beitragen, dass diese Themen einen Platz auf der weltpolitischen Agenda finden. Organisationen wie die WHO oder der UNFPA könnten dabei eine Schlüsselrolle übernehmen.

Multilaterale Übereinkommen zwischen Staaten können dazu beitragen, die reproduktiven Rechte queerer Menschen als grundlegende Menschenrechte anzuerkennen. Dabei müssen diese unbedingt auf die körperliche Integrität von Leihmüttern und Eizellspender*innen eingehen. Einzelne Staaten sollten in jährlichen Berichten den Versuch der Umsetzung eines abwägenden Modells rechtfertigen müssen.

Das Mandat des Unabhängigen Experten zum Schutz vor Diskriminierung und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, das der UN-Menschenrechtsrat im Juli 2022 in einer Resolution erneuert hat, verurteilt Gesetzgebung der einzelnen Staaten, die queere Menschen benachteiligt. Internationale Gremien sollten die Wichtigkeit des Themas betonen und Staaten dazu auffordern, diskriminierende Gesetze zu ändern. Indem sie und nichtstaatliche Organisationen Einfluss auf Länder einüben, könnten reproduktive Rechte in verantwortungsvollen Modellen weltweit gefördert werden.

Punkte zur Diskussion

- Sollte es eine internationale Regelung von Reproduktionstourismus geben? Wie könnte diese aussehen?

- Wie kann diese Thematik auch über die Grenzen von Nationalstaaten hinaus behandelt werden? Was für (rechtliche) Problematiken stellen sich, wie kann man diese lösen? 

- Wie könnten Eizellspender*innen und Leihmütter entschädigt werden? Gibt es Alternativen zur finanziellen Entschädigung? Wie können solche Entschädigungen festgelegt werden?

- Unter welchen Umständen können Eizellspender*innen und Leihmütter eine freie, fundierte Entscheidung für diese Dienstleistungen treffen? Kann man eine Eizellspende oder Leihmutterschaft als Dienstleistung bezeichnen? 

- Wie können kulturelle und ethische Ansichten mit einem Recht auf Reproduktion vereinbart werden?

Für die Recherche

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (2025). Lexikon der Entwicklungspolitik: Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte.Abgerufen von Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte | BMZ

Deutsche Stiftung Weltbevölkerung. (2024). Weltbevölkerungsbericht 2024: Verwobene Leben, Fäden der Hoffnung – Ungleichheiten in der körperlichen Selbstbestimmung überwinden.Abgerufen von https://www.dsw.org/weltbevoelkerungsbericht/

Deutsches Ärzteblatt. (2023) Eizellspende und Leihmutterschaft: Feministische und kontroverse Debatte.Abgerufen von https://www.aerzteblatt.de/news/eizellspende-und-leihmutterschaft-feministische-und-kontroverse-debatte-ee3bd888-0f78-4de8-8f01-5e5f04f789d3

Europäische Niederlassung der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA-Europe). (2024). Rainbow Map.Abgerufen von https://rainbowmap.ilga-europe.org/

Heinrich Böll-Stiftung. (2021) Pan-European Anti-feminist and Anti-LGBT Mobilization. Abgerufen von https://www.boell.de/en/2021/12/01/pan-european-anti-feminist-and-anti-lgbt-mobilizatio

Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin. (2024). Kurzbericht.Abgerufen von https://www.bmfsfj.de/resource/blob/238404/ce8f961e7a8737fecf260993f92baf44/kurzbericht-kommission-zur-reproduktiven-selbstbestimmung-und-fortpflanzungsmedizin-data.pdf

UN Women Deutschland e.V. (2024). LGBTQI+.Abgerufen von https://unwomen.de/lgbtqi/ 

UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA). (2024) Advancing sexual and reproductive Health and Rights in the private Sector – The case for action and accountability in the workplace. Abgerufen von https://www.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/Policy%20Paper.pdf

Veröffentlichung der Vereinten Nationen, herausgegeben von der Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten (DESA). (2024). Ziele für nachhaltige Entwicklung – Bericht 2024. Abgerufen von https://www.un.org/Depts/german/millennium/SDG_2024.pdf(besonders relevant: SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen, S. 12 ff.)

Zeitschrift der Bundeszentrale für Politische Bildung: Aus Politik und Zeitgeschichte. (2024) Hinz, Catherina: 30 Jahre Kairo-Konferenz. (S. 41-46) Abgerufen von *APuZ 43–44/2024: Reproduktive Rechte