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Wirtschafts- und Sozialrat

- WiSo TOP 2: Patentiertes Saatgut in der Landwirtschaft

Kurzzusammenfassung

Biopatente, genauer gesagt Saatgut Patente, stellen für Landwirte, Biodiversität und die Verbraucher ein großes Problem dar. Diese Patente verhindern, dass Landwirte ihre Pflanzen nach der Ernte in Saatgut verarbeiten können und im nächsten Jahr diese verwunden können. Deswegen müssen sie jedes Jahr neue Saat bestellen, welche in 75% der Fälle von den 10 größten Firmen im Saatguthandel stammen. Dadurch steigen die Betriebskosten der Landwirte und auch die Lebensmittelpreise für die Konsumenten. Die Firmen sagen, dass sie durch die Patente mehr Forschung betreiben, die Saat effizienter machen und auch mehr Menschen dadurch ernährt werden können. Das Ganze bringt aber auch Probleme mit der Biodiversität mit, denn nur ca. 0,0023% der Pflanzenarten weltweit machen 66% der Lebensmittelproduktion aus. Durch die Patente sinkt die Anzahl der unterschiedlichen Pflanzenarten, die für die Lebensmittelproduktion genutzt werden, da der Fokus immer auf einen Pflanzenstamm gelegt wird und die anderen vernachlässigt werden. Somit sollte man den Fokus auf eine erhöhte Biodiversität und Wirtschaftlichkeit für die Landwirte legen. Dadurch können Lebensmittelpreise sinken und die Gefahr eines Ökosystemkollaps aufgrund fehlender Biodiversität sinkt.

Einleitung

Das erste Patentgesetz wurde 1474 in Venedig erlassen, dabei sollte die Erfinderehre gewahrt werden und neue Erfindungen geschützt werden. Dieses Patentrecht hat sich über die Jahrhunderte weiterentwickelt. So kann heutzutage auf fast alles ein Antrag auf Patent gestellt werden. So kann auf Maschinen oder Verfahren ein Patent angemeldet werden. Inzwischen können auch Biopatente angemeldet werden, hierzu gehören auch Patente auf Saatgut. Das Ganze führt jedoch zu großen Problemen bei Landwirten, da diese dann hohe Gebühren zahlen müssen und die Saat nicht wiederverwenden können im neuen Anbaujahr.

Hintergrund und Grundsätzliches

Der Sinn hinter Patenten ist es, dass Wissen gesammelt wird und nach Ablauf des Patentes geteilt werden kann, sodass neue Innovationen entstehen. Biopatente, zu welchen Saatgutpatente gehören, zeichnen sich dadurch aus, dass biologische oder genetische Ressourcen bezogen werden, um das Saatgut herzustellen. Patentiertes Saatgut ist im ersten Sinne das Saatgut, welches durch Genmanipulation oder durch Kreuzung von Saatgut entsteht. Darauf aufbauend sind auch die Nachfolgesaat, die beim Anbau entstehen, betroffen und aufgrund dessen kann die Firma, welche das Patent hält, neue Nutzungsrechte verkaufen an die Landwirte. Biopatente können auf biologisches Material, Pflanzen und Tiere oder auf biotechnische Verfahren beantragt werden. Im deutschen Patentrecht können diese Biopatente zum Beispiel nur auf Pflanzen und Tiere vergeben werden, welche auf mehreren Wegen erreicht werden können. So sind Pflanzen und Tiere, die nur durch eine gewisse Genmanipulation weise hergestellt werden können, nicht patentierbar.

Die Patente werden durch Patentämter der Nationen vergeben. Im Falle der Europäischen Union gibt es noch das Europäische Patentamt, welches Patente innerhalb der EU vergibt. Innerhalb der EU sind Biopatente eigentlich verboten, jedoch gibt es eine Gesetzeslücke, welche dafür verwendet wird, um trotzdem Saatgut zu patentieren.

Ein Beispiel für die Patentierung von Saatgut ist eine 2010 verfasste Leitentscheidung des Europäischen Patentamts zu Brokkoli. Hier wurde entschieden, dass Saatgut, welches durch die klassische Züchtung durch Selektion und Kreuzung der Saat entsteht, nicht patentierbar ist. Jedoch gilt das nicht für das Verfahren, in welchem Genmarker des Brokkoli, welche mehr hervorgebracht werden sollen, und dann nur diese bestimmten Brokkoli Pflanzen geerntet werden. Das daraus entstandene Saatgut kann dann auf ein Patent angemeldet werden und dadurch kann die Firma das Saatgut an Landwirte verkaufen und Gebühren dafür nehmen. Des Weiteren gehören dann das Nachfolge-Saatgut auch zu dem patentierten Brokkoli, weswegen auf dieses neue Saatgut auch Gebühren erhoben werden können.

Aktuelles

Firmen haben ein großes Interesse an den Patenten, da sie hohe Summen investieren, um das Saatgut zu entwickeln. Jedoch beherrschen 10 Firmen ca. 75% des weltweiten Saatguthandels, von diesen Firmen haben allein die drei größten (Monsanto, DuPont und Syngenta) einem 53-prozentigen Anteil am weltweiten Saatguthandel. Durch diese ungleiche Verteilung gibt es in vielen Bereichen eine Monopolstellung der Firmen und Landwirte haben keine andere Möglichkeit, als patentiertes Saatgut zu kaufen. Jedoch gehört auch zur Wahrheit, dass Saatgut durch diese Neuentwicklungen weiterentwickelt und effizienter wurden. So konnte in Deutschland ein*e Landwirt*in 1960 ungefähr 17 Menschen ernähren, durch die verbesserte Saat kann 2018 ein*e Landwirt*in 135 Menschen ernähren. Auch der Ertrag der Pflanzen stieg massiv an. So wurden Ende der 1950er Jahre 3,2 Tonnen Weizen produziert werden, heutzutage können 7,8 Tonnen Weizen produziert werden. Auch bei anderen Pflanzen hat sich der Ertrag verdoppelt oder zum Teil auch vervierfacht.

Ein anderes Problem ist, dass sich 97 % der Biopatente bei Firmen des Globalen Nordens befinden, während ca. 90% biologischer Ressourcen aus dem Globalen Süden stammen. Das ganze kann zu einer weiteren Ausbeutung des Globalen Südens führen, welche durch diese Patente gezwungen sind, die einheimischen Pflanzen zu vernachlässig und daraufhin die Biodiversität weiter verloren geht und auch die Landwirte sich von den großen Firmen abhängig machen.

Aber auch die Biodiversität nimmt durch die Patentierung große Schäden. Denn auf dem Globus gibt es ca. 382.000 verschiedene Pflanzenarten, wovon nur ca. 6.000 als Nahrungsmittel angebaut werden können. Von diesen 6.000 Pflanzen spielen nur ca. 200 eine wichtige Rolle in der Lebensmittel Industrie und gerade einmal 9 Kulturen machen 66% der Agrarproduktion aus. Das bedeutet von 382.000 Pflanzenarten machen 0,0023% den Großteil der Agrarproduktion aus. 

UN Photo/FAO/J. Ciganovic

Probleme und Lösungsansätze

Um die Biodiversität weiter zu schützen, muss es attraktiver werden, auch andere Pflanzenarten anzubauen. Eine Beschränkung auf zu wenige Pflanzen kann schwerwiegende Folgen haben, wie es zum Beispiel im Falle der Bananen geschehen ist. Hier wurde bis 1950 hauptsächlich die Art Gros Michel angebaut und vertrieben. Jedoch kam es bei der Gros Michel zu einem Pilzbefall, welcher nicht behandelt werden konnte, wodurch innerhalb weniger Monate diese Bananensorte komplett ausgestorben ist. Es gab damals noch die Cavendish Banane, eine unbekanntere kleinere Bananenart. Doch auch diese Bananenart wird heutzutage wieder von einem Pilz befallen, welcher das Überleben der Cavendish Banane in Gefahr bringt. Dadurch, dass heutzutage hauptsächlich die Cavendish Banane angebaut wird, besteht die Gefahr, dass es auf der Erde sehr bald keine Bananen mehr geben könnte und auch keine alternativen Arten aufgebaut werden können. Dieses Schicksal kann anderen Pflanzen nur erspart bleiben, wenn die Biodiversität gefördert und der Fokus nicht komplett auf einen Pflanzenstamm gesetzt wird. Somit ist es empfehlenswert, Landwirte und Firmen zu einer Diversifizierung der Pflanzen anzuregen, um das Aussterben von gewissen Pflanzen zu verhindern.

Eine weitere große Gefahr, die aktuell besteht, ist die Monopolbildung, welche durch Industrieunternehmen die 75% des weltweiten Saatguthandels beanspruchen. Durch diese Monopolstellung können die Firmen Landwirten ihre Preise aufdrücken und es gibt keine Konkurrenz in diesem Sektor. So können sich die großen Firmen auch absprechen und untereinander ausmachen, welche Firma sich auf welches Saatgut spezialisiert. Es sollte deswegen ein wichtiger Fokus darauf gelegt werden, dass diese Monopole aufgebrochen werden. Durch das Aufbrechen wäre es den Landwirten wieder möglich, sich die Saat auszusuchen und auch die Saat vergünstigt zu bekommen. Dadurch würden auch als Folge die Lebensmittelpreise sinken und die Bevölkerung in, vor allem, ärmeren Staaten sind nicht mehr von den großen Firmen abhängig.

Der wichtigste Diskussion Punkt ist es, dass Patentrecht auch für Biopatente anzupassen, um die Biodiversität zu fördern, Monopolbildung zu verhindern und Landwirte wirtschaftlich zu entlasten. Zum einen muss eine Lösung gefunden werden, wie mit der Nachfolgesaat von bereits erworbener Patentsaat umgegangen wird, da diese immer noch dem Patent unterliegen und Firmen somit die Nutzungsrechte der Saat erneut an den Landwirt verkaufen können. Deswegen verzichten viele Landwirte darauf, diese Saat weiter zu verwenden und bestellen jedes Jahr neue Saat. Das Ganze schadet den Landwirten wirtschaftlich und der Biodiversität auf der Erde, da so keine neuen zufälligen Ableger entstehen können. Des Weiteren können Firmen Landwirte verklagen, bei welchen die Saat durch Pollen weitergetragen wurden und es dadurch bei Nachbarfeldern zu Verunreinigungen kommt. Das Ganze sollte aufgebrochen werden, um fairere Verhältnisse zu schaffen und um zu verhindern, dass Staaten des Globalen Südens benachteiligt werden, wenn Firmen anfangen ihre Saat zu patentieren. 

Punkte zur Diskussion

- Wie kann das Patentrecht überarbeitet werden, um Landwirte vor Ausbeutung zu schützen?

- Welche Maßnahmen sollten getroffen werden, um die Biodiversität zu sichern?

- Gibt es Möglichkeiten, eine Monopolbildung im Saatgut Sektor zu verhindern?

- Wie kann die Verhinderung von Monopolen aussehen?

- Wie stellt man sicher, dass Innovationen weiterhin gefördert werden können?

Lexikon

Globaler Norden/Süden: Die Begriffe „Globaler Süden“ und „Globaler Norden“ werden hauptsächlich in der Entwicklungspolitik und in den Sozial- und Geisteswissenschaften benutzt. Die Bezeichnungen sollen die Situation von Ländern in der globalisierten Welt möglichst wert- und hierarchiefrei beschreiben. In diesem Sinne ist ein Land des Globalen Südens ein politisch, wirtschaftlich oder gesellschaftlich benachteiligter Staat. Die Länder des Globalen Nordens befinden sich dagegen in einer privilegierten Position, was Wohlstand, politische Freiheit und wirtschaftliche Entwicklung angeht. Damit sollen auch die Ungleichheit und die dadurch bedingten Abhängigkeitsverhältnisse herausgestellt werden. Die Bezeichnungen sollen nicht zur Verallgemeinerung der Verhältnisse in allen entsprechenden Ländern dienen. Sie sind zudem nur bedingt geografisch zu verstehen. So werden Australien und Neuseeland dem Globalen Norden zugeordnet, während Länder wie Afghanistan und die Mongolei zum Globalen Süden gezählt werden.

Biodiversität: Als Biodiversität bezeichnet die Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen die Vielfalt aller lebenden Organismen, Lebensräume und Ökosysteme auf dem Land, im Süßwasser, in den Ozeanen sowie in der Luft. Biodiversität beinhaltet die Vielfalt unterschiedlicher Arten als auch innerhalb einer Art (taxonomische Diversität), die genetische Vielfalt innerhalb einzelner Arten sowie die Diversität aller Organismen eines Lebensraums (genetische Diversität) ,die Vielfalt an Biotopen und Ökosystemen sowie an Ökosystemfunktionen wie Bestäubung und Samenverbreitung (ökologische und funktionale Diversität) und die Vielfalt an Verhaltensweisen von Tieren (kulturelle Vielfalt).

Für die Recherche

Ein erster Schritt für eine erfolgreiche Recherche ist es mehr über das Thema zu erfahren. Hierbei hilft besonders die Webseite vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, welche mehrere Artikel zu diesem Thema verfasst hat. Hier wird auch nochmal genauer auf das EU-Recht zum Thema Biopatente eingegangen. Wenn sie dann noch mehr Infos zu ihrem Staat finden möchten, ist eine erste Anlaufstelle, für das Thema, das Patentamt in dem Land, das sie vertreten. Dort finden sie auch Definitionen, wie der Staat Patente versteht und wie diese umgesetzt werden. Darauf aufbauend können dann Positionspapiere und Arbeitspapiere entstehen, welche die Meinung des Staates optimal widerspiegeln.

Quellenangaben

Weltagrarbereicht (2025)
https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/saatgut-und-patente-auf-leben.html 

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2025) https://www.bmel.de/DE/Home/home_node.html 

No Patents on Seed (2025)
https://www.no-patents-on-seeds.org/de 

Bayer AG (2022)
https://www.bayer.com/de/de/hsdf-warum-werden-pflanzen-patentiert 
[Bei dieser Quelle ist zu beachten, das die Bayer AG selbst zu einem multinationalen Konzern innerhalb der Agrarindustrie gehört und die Berichterstattung über Patentierungen dementsprechend eine parteiische ist.]