– KfK TOP3: Situation von Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen in Postkonfliktgebieten
Inhalte mit besonderem Triggerpotential: mentale Gesundheit, Behinderung, Erwähnungen von Krieg und Gewalt
Kurzzusammenfassung
Gesellschaften und Gebiete, die militärische Konflikte und Kriege erlebt haben, zeichnen sich häufig durch eine hohe Anzahl an Menschen mit Behinderung aus. Viele dieser Behinderungen sind kriegsbedingt, also erst durch oder nach dem Krieg entstanden. Deshalb sind Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen auch nach dem Ende von Konflikten weiterhin besonders stark von den Nachfolgen der Konflikte betroffen. Dadurch sind sie großer Unsicherheit ausgesetzt.
Wenn die Vereinten Nationen nachhaltige und friedliche Ordnungen in Postkonfliktgebieten erreichen wollen, müssen sie somit der Situation von Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen besondere Aufmerksamkeit schenken.
Die schlechten Zukunftsperspektiven von Menschen mit Behinderung in Postkonfliktgebieten sind auf viele Probleme zurückzuführen: Es fehlt unter anderem an individualisierten und selbstbestimmten Behandlungsmöglichkeiten, medizinischer Infrastruktur und Fachpersonal, Teilhabemöglichkeiten und einer weitreichenden Inklusion. Außerdem mangelt es an finanzieller Absicherung für Menschen, die durch ihre Behinderung ihren vorherigen Beruf nicht mehr ausüben können. Langfristig gesehen, bleibt ihnen und ihren Familien so häufig nur die Flucht als letzter Ausweg.
Die Vereinten Nationen haben bereits eine Grundstruktur zum Schutz von Menschen mit Behinderung geschaffen und zahlreiche Konzepte für das Erreichen von nachhaltigem Frieden erarbeitet. Diese Organisationen, Strukturen und Dokumente wie z.B. der United Nations Peacebuilding Fonds oder die UN-Behindertenrechtskonvention können nun genutzt werden, um die Situation von Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen in Postkonfliktgebieten zu verbessern. Durch einen expliziten Einbezug von Menschen mit Behinderung wird ihnen nicht nur ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht, sondern auch der gesamte Prozess der Friedenskonsolidierung erfolgversprechender.
Punkte zur Diskussion
2. Welche Faktoren können den Verlauf von Behinderungen unterschiedlich beeinflussen? Was sollte eine individualisierte Behandlung für Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen umfassen?
3. Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um den Familien von Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen Sicherheit zu geben und diese zu unterstützen?
4. Welche Strukturen existieren, um Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen Stabilität und eine vielversprechende Zukunft zu ermöglichen? Wie können diese Strukturen ausgebaut und gestärkt werden?
5. Wie kann der Wiederaufbau von Infrastruktur (z.B. medizinischer und psychologischer Gesundheitsversorgung, Transport) möglichst barrierearm erfolgen?
6. Was muss bei der Unterstützung von Geflüchteten mit kriegsbedingten Behinderungen beachtet werden?
7. Wie kann dem Entstehen von weiteren Verletzungen in Postkonfliktgebieten vorgebeugt werden?
Einleitung
Mit dem Ende eines Krieges werden immer Stimmen laut, die fordern, dass sich militärische Konflikte nicht wiederholen dürfen. “Nie wieder” ist schnell gesagt, aber wie kann eine internationale Staatengemeinschaft sicherstellen, dass Kriege wirklich nicht erneut ausbrechen? In der Kommission für Friedenskonsolidierung (KfK) beschäftigen sich verschiedene Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (United Nations, UN) mit genau dieser Frage.
Friedenskonsolidierung beschreibt dabei alle Maßnahmen, die dazu beitragen, nachhaltig Frieden zu sichern. Dazu gehört es, die Situation in Postkonfliktgebieten, also Orten, in denen ein militärischer Konflikt beendet wurde, zu stabilisieren und ein sicheres und lebenswertes Leben aller Betroffenen zu ermöglichen. Nur so kann ein erneutes Ausbrechen von Kriegen und Gewalt verhindert werden.
Zentral ist dabei, einen Fokus auf Menschengruppen zu legen, die besonders unter dem Konflikt gelitten haben oder auch immer noch leiden.
Hintergrund und Problemfelder
Heute haben in Kriegsgebieten teilweise 30% der Bevölkerung eine Behinderung. Dadurch wird deutlich: Ein Kriegsende bedeutet noch lange nicht auch das Ende jeglicher Herausforderungen an den Orten, die ehemals Teil des Kriegsgebiets waren. Wollen die UN eine friedliche Ordnung erreichen, müssen sie gerade in Postkonfliktgebieten zu nachhaltigen Entwicklungen und zur Stabilisierung beitragen. Dazu gehört sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderung ein sicheres und selbstbestimmtes Leben möglich ist.
Auf dem Weg dahin müssen jedoch einige Hindernisse in der Situation von Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen überwunden werden. Die folgenden Themen stehen dabei im Fokus: eine individualisierte und selbstbestimmte Behandlung sowie die Pflege von Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen, ihre finanzielle Sicherheit und Zukunftsperspektiven, Transport, Reise und Flucht, Teilhabe und Inklusion und auch die Prävention von dem Entstehen weiterer Verletzungen.
Individualisierte und selbstbestimmte Behandlung
Menschen mit Behinderung muss eine Behandlung nicht nur leicht zugänglich sein, sie muss auch auf ihre individuellen Bedürfnisse angepasst werden können. Behinderungen sind vielseitig (z.B. körperlich, aber auch psychisch) und dynamisch; sie haben also selten einen linearen Verlauf und bedeuten unterschiedliche Grade von Beeinträchtigung.
Kriege sorgen meist zu einer Beschädigung und Überlastung der medizinischen Infrastruktur, was mehrere Auswirkungen auf Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen hat. Erstens entstehen durch unzureichende oder zu späte Behandlungsmöglichkeiten mehr irreversible, also unumkehrbare, Behinderungen. Zweitens haben Menschen oft nur eingeschränkt oder überhaupt keinen Zugang zu Maßnahmen der Rehabilitation wie beispielsweise Physiotherapie. Dadurch wird der Verlauf häufig negativ beeinflusst, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert und die Pflege auf Menschen ausgelagert, die kein medizinisches Fachpersonal sind.
Pflege
Die Menschen, die in diesen Fällen die Pflege übernehmen, sind häufig Familienangehörige. Meistens handelt es sich dabei um Frauen, die care-Arbeit leisten, wodurch das Problem des mangelnden medizinischen Fachpersonals Menschen je nach ihrem Geschlecht ungleich betrifft. Die Pflege von Angehörigen belastet häufig die ganze Familie: sowohl mental als auch finanziell.
Finanzielle Sicherheit und Zukunftsperspektiven
So fällt häufig nicht nur das Einkommen der Person mit kriegsbedingter Behinderung, sondern nun auch der Person, die die Pflege übernimmt, weg. Umso wichtiger ist es, finanzielle Absicherungen, z.B. in Form von Sozialhilfe, für Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen zu schaffen. Nachhaltigere Lösungsmöglichkeiten beinhalten Umschulungen und Weiterbildungen für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr ihren ursprünglichen Beruf ausüben können.
In dem Bereich der staatlichen Unterstützung wird auch der Unterschied zwischen Zivilist*innen und Veteran*innen mit kriegsbedingten Behinderungen besonders deutlich. Sehr häufig existieren weitreichendere Absicherungen für ehemalige Soldat*innen als für Zivilist*innen. In zahlreichen Staaten gibt es z.B. Organisationen wie die Disabled American Veterans (DAV) in den USA oder die Organisation of National Ex-Service Personnel (Óglaigh Náisiúnta na hÉireann) in Irland, die sich explizit für Veteran*innen einsetzen, die behindert oder sozial benachteiligt sind. Häufig gibt es auch besondere Pensionen für Menschen, die während ihrer Zeit in der Armee verwundet wurden.
Insbesondere Zivilist*innen und ihre Familien, die diese Absicherung nicht haben und die in Regionen leben, in denen eine vernünftige medizinische Versorgung teuer ist, können so in den finanziellen Ruin getrieben werden. Wenn medizinische Versorgung und finanzielle Sicherheit fehlen, versuchen einige, woanders ein besseres Leben zu finden.
Transport, Reise und Flucht
Unter Geflüchteten mit Behinderung ist die Zahl der kriegsbedingten Behinderungen besonders hoch. Obwohl der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR) Geflüchtete mit Behinderung für besonders schutzbedürftig hält und sich diesen explizit widmet, bleibt ihre Situation äußerst heikel. Viel zu selten kann ein sicherer Transport für Verletzte gewährt oder geeignete Transportmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung ermöglicht werden. Außerdem: Selbst wenn die Immigration in ein neues Land gelingt, ist es auch dort gerade durch Sonderregelungen für Geflüchtete und Sprachbarrieren häufig schwierig, eine geeignete Versorgung zu erhalten.
Teilhabe und Inklusion
Krieg beeinflusst die psychische Gesundheit von Menschen besonders stark. Viele Menschen, die Krieg erlebt haben, leiden unter Angststörungen, Depressionen und/oder Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Gemeinsam mit körperlichen Behinderungen kann dies dazu führen, dass Menschen nach Kriegen nicht mehr auf die gleiche Weise am sozialen Leben und der Gesellschaft teilhaben können und sich ausgeschlossen fühlen, was die mentale Gesundheit weiter negativ beeinflusst. In zerstörter Infrastruktur ist es für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen besonders schwierig, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Maßnahmen zum Abbau von Barrieren sowie ein gesteigertes Angebot von Veranstaltungen, die explizit für Menschen mit Behinderung sind, sind somit von großer Bedeutung. Zentral ist es hierbei, dass gesellschaftliche Strukturen an Menschen mit Behinderung angepasst werden (Inklusion) und nicht verlangt wird, dass sich Menschen mit Behinderung an solche Menschen anpassen, die able sind (Integration). Notwendig ist dafür Aufklärung und Antidiskriminierungsarbeit in breiten Teilen der Bevölkerung durchzuführen. Einige Nichtregierungsorganisationen (Non-Governmental Organisations, NGOs) beschäftigen sich bereits aktiv mit diesen Fragen.
Prävention
Behinderungen entstehen nicht nur während eines Krieges, auch danach treten sie verstärkt in Postkonfliktgebieten auf. Die bereits erwähnte geschwächte medizinische und psychologische Gesundheitsversorgung sind dabei nur ein Bereich, der dazu beiträgt, dass auch nach Kriegen Verletzungen zu Behinderungen werden können. Auch Waffen, beispielsweise Landminen, die in Postkonfliktgebieten vermehrt zu finden sind, tragen ebenso dazu bei. Die KfK sollte sich also auch der Frage widmen, wie das weitere Entstehen von kriegsbedingten Behinderungen verhindert werden kann.
Die UN, Behinderung und Friedenskonsolidierung
Für das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) ist der Abbau von Diskriminierung von Menschen mit Behinderung (Ableismus) wichtig, da die UN mit den Zielen eine menschenwürdige Zukunft sicherstellen möchte. In diesem Sinne ist das Thema für die Erreichung aller 17 SDGs relevant.
In der Vergangenheit haben sich die UN sowohl mit dem Thema der Friedenskonsolidierung als auch mit dem Thema der Behinderungen beschäftigt. Jedoch wurden beide Bereiche erst selten explizit zusammengebracht.
2006 wurde die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in der Generalversammlung verabschiedet. Sie konkretisiert die Menschenrechte aus der Perspektive von Menschen mit Behinderung und liefert wichtige Definitionen. So widmet sich Artikel 11 der UN-BRK beispielsweise auch Gefahrensituationen und humanitären Notlagen.
Weil UN-Friedenssicherungsmissionen erfahrungsgemäß nicht für eine erfolgreiche Friedenskonsolidierung reichen, sind zusätzlich zivile, also nicht militärische, Maßnahmen erforderlich, die auch das Potenzial haben, die Situation von Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen zu verbessern. Sogenannte “besondere politische Missionen” (Special Political Missions, SPMs) sind eine Form dieser Friedenskonsolidierung. Sie können auf unterschiedliche Weise wirken und haben somit großes Potenzial. In der Realität mangelt es ihnen jedoch häufig an personeller Ausstattung und finanziellen Ressourcen.
Das Problem der Finanzierung zeigt sich darüber hinaus auch beim United Nations Peacebuilding Fund (PBF), der in der Theorie für Projekte genutzt werden kann, die Menschen mit kriegsbedingten Behinderungen direkt oder indirekt helfen.
Weitere Fonds bieten zwar Potenzial, werden aber nicht aktiv für Projekte zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderung eingesetzt, wie der United Nations Trust Fund for Human Security (UNTFHS). Er kann UN-Organisationen bei der Finanzierung von Aktivitäten zur Unterstützung besonders verletzlicher Menschen und Gemeinschaften helfen. Dabei wird der Ansatz der menschlichen Sicherheit verfolgt. Seine Ressourcen wurden bisher nicht in Projekten mit Bezug zu Menschen mit Behinderungen eingesetzt.
Eine seltene Verbindung der Bereiche Behinderung und Friedenssicherung hat der Sicherheitsrat 2019 mit einer Resolution zur Situation von Menschen mit Behinderung in Kriegsgebieten geschaffen. In diesem für die Arbeit der KfK wichtigen Dokument erkennt der Sicherheitsrat die spezifische Situation von Menschen mit Behinderung in Kriegsgebieten an und fordert, dass sich Menschen mit Behinderung an der Friedenskonsolidierung beteiligen können.
Nun liegt es an der KfK von MUN-SH 2025 sich damit zu beschäftigen, wie dies gelingen kann.
Hinweise zur Recherche
Für Ihre individuelle Vorbereitung sollten Sie sich stets bewusst sein, dass Sie nicht nur die Hintergrundinformationen zu der generellen Thematik erfasst haben sollten. Zusätzlich müssen Sie sich auch mit der Situation ihres Staates beschäftigen. Das erleichtert es Ihnen, sich auf der Konferenz mit eigenen Punkten einzubringen.
Dafür können Sie beispielsweise damit beginnen, staatliche und zivilgesellschaftliche Organisationen zu recherchieren, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung und/oder Kriegsveteran*innen einsetzen. Diese bieten Ihnen auch häufig einen generellen Überblick über die Strukturen ihres Landes. Fragen, die Sie sich dabei stellen können, sind: Führen NGOs bestimmte Programme in Ihrem Staat durch? Gab es in den letzten Jahren militärische Konflikte, in die Ihr Staat involviert war? An welchen besonderen politischen Missionen ist Ihr Staat beteiligt?
Sie sollten darauf gefasst sein, dass Sie bei der Recherche auf Texte und auch Bilder stoßen könnten, die Gewalt enthalten. Außerdem ist es auch möglich, dass Sie mit Ableismus konfrontiert werden. Melden Sie sich bei Gesprächsbedarf gerne per Mail an [email protected] bei den Vertrauenspersonen für Teilnehmende.
Bei Fragen stehe ich, Greta Hülsmann (sie/dey), Ihnen gerne zur Verfügung. Schreiben Sie mir einfach eine Mail an [email protected].
Falls Sie oder Bekannte von Ihnen Gewalt durch Ableismus erfahren, finden Sie hier einige Hilfsangebote.
Weiterer Hinweis zum Begriff “Menschen mit Behinderung”: person-first language: Bei person-first language geht es darum, die Sprache zu wählen, die Menschen und ihrem Erleben möglichst gerecht werden. Der Begriff wird häufig in Abgrenzung zu identity-first language definiert. Bei Behinderungen hat sich generell die person-first, oder auch people-first, Formulierung durchgesetzt. Dabei steht der Mensch zuerst: „Mensch mit Behinderung“. Dadurch ist die Person im Fokus und nicht ihre Behinderung. Weil diese Formulierung von den meisten Menschen mit Behinderung präferiert wird, haben wir uns bei MUN-SH auch dafür entschieden. Manche Menschen bevorzugen aber eine identity-first language: „behinderte Menschen“. Das liegt daran, dass sie ihre Behinderung als einen zentralen Teil ihrer Persönlichkeit sehen und sich damit auch eine eigene Kultur verknüpfen kann. Nach Möglichkeit sollte man deshalb immer die jeweiligen Selbstbezeichnungen für Menschen verwenden.
Lexikon
able: Able kommt aus dem Englischen und beschreibt eine Person, die keine Behinderung hat. Able-bodied bedeutet zum Beispiel, dass eine Person keine körperlichen Behinderungen hat. Der Begriff ist wichtig, damit nicht von Menschen mit Behinderung und in Abgrenzung dazu von „normalen“ Menschen gesprochen wird: Schließlich ist „normal“ nur eine Frage der Perspektive und von dem, was in der Gesellschaft akzeptiert wird.
Ableismus: Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung. Der Begriff kommt aus dem Englischen und wird deshalb auch manchmal englisch ausgesprochen.
Behinderung - BeHinderung - Be_hinderung - Behinderung*: Es existieren viele verschiedene Schreibweisen von Behinderung, z.B. BeHinderung, Be_hinderung oder auch Behinderung*, die meistens aus politischen Gründen gewählt werden. Bei der Recherche kann es also sein, dass Sie auf eine dieser Varianten stoßen. Wenn Sie über konkrete Personen recherchieren, sollten Sie darauf achten, die jeweilige Selbstbezeichnung zu verwenden.
Care-Arbeit: Care-Arbeit wird auch mit Sorgearbeit oder Fürsorge übersetzt. Im Sprachgebrauch hat sich aber der englische Begriff größtenteils durchgesetzt. Care-Arbeit beschreibt häufig unbezahlte Arbeit wie die Pflege familiärer Angehöriger, Kinderbetreuung, Hilfe unter Freund*innen oder auch familiäre Unterstützung. Sie wird meistens von Frauen geleistet.
Friedenskonsolidierung: Unter Friedenskonsolidierung sind Maßnahmen zusammengefasst, die verhindern sollen, dass ein Konflikt erneut ausbricht. Damit ist Friedenskonsolidierung ein Teil der Friedenssicherung. Gerade in Postkonfliktgebieten sollte dem erneuten Ausbrechen eines Konfliktes mit Friedenskonsolidierung entgegengewirkt werden und möglichst früh mit dem Aufbau einer stabilen und friedlichen Ordnung begonnen werden. In Abgrenzung zur Friedensschaffung darum, den Frieden zu wahren und nicht mehr darum, ihn herzustellen. Zur Friedenskonsolidierung findet man bei der Recherche auch einige Informationen unter dem englischen Begriff “Peacebuilding”.
Humanitär: Humanitär heißt menschlich und beschreibt etwas, das auf die Linderung von menschlicher Not ausgerichtet ist, z.B. humanitäre Hilfe.
Inklusion und Integration: Inklusion und Integration sind zwei Begriffe, die im alltäglichen Sprachgebrauch häufig synonym verwendet werden. Inhaltlich haben sie aber einen bedeutenden Unterschied: Integration bedeutet die Anpassung einer marginalisierten, also an den Rand der Gesellschaft gedrängten, Gruppe an die Gruppe, die als „normal“ betrachtet wird. Inklusion hingegen bedeutet die Ausweitung dessen, was „normal“ bedeutet, um zuvor marginalisierte Gruppen einzubeziehen.
Menschliche Sicherheit: Menschliche Sicherheit bezeichnet einen Ansatz, der den Schutz von Menschen, ihrer Rechte und ihrer Würde (z.B. im Gegensatz zur Sicherheit des Staates) in das Zentrum von sicherheitspolitischen Überlegungen stellt. Der Begriff ist vergleichsweise generell gehalten und kann so vieles umfassen - weshalb er auch manchmal kritisiert wird.
Pension: Pension beschreibt eine finanzielle Leistung, die Menschen im Ruhestand ausgezahlt werden. Pensionen sind vergleichbar mit Renten, aber sind für Menschen, die beim Staat angestellt waren, z.B. als Soldat*in oder Lehrkraft.
Postkonfliktgebiet: Ein Gebiet, in dem ein militärischer Konflikt beendet wurde. “Post-” bedeutet hier soviel wie “danach” also ein Gebiet nach einem Konflikt, z.B. einem Krieg.
Rehabilitation: Rehabilitation beschreibt die Wiedereingliederung einer Person in das berufliche und gesellschaftliche Leben. Die Person, die wieder eingegliedert wird, war häufig länger krank oder hat eine Behinderung.
Verteran*in: Eine Person, die sich durch vergangene Dienste oder Ämter bewährt und dadurch Erfahrung in diesem Bereich hat. Der Begriff wird häufig in Bezug auf Kriege verwendet und bezeichnet Soldat*innen, die einen Krieg überlebt haben (Kriegsveteran*in).
Zivilist*in: Eine Person, die nicht zum Militär gehört, also kein*e Soldat*in ist.
Quellenangaben und weiterführende Links
Besonders hilfreiche Quellen
S/RES/2475. 2019/ 20. Juni. https://www.un.org/depts/german/sr/sr_19/sr2475.pdf. - Resolution des Sicherheitsrates zum Schutz von Menschen mit Behinderungen in Konfliktgebieten (deutsch).
Handicap International. Homepage. https://www.handicap-international.de/de/homepage. - Homepage von Handicap International e.V., einer Organisation, die Co-Preisträgerin des Friedensnobelpreises ist und regelmäßig bei den Vereinten Nationen vertreten ist. Die Lektüre lohnt sich für einen internationalen Überblick über die größten Baustellen im Bereich der Prävention, Behandlung von Menschen mit Behinderung und auch die Rolle von NGOs (deutsch).
Weitere Quellen
UN-Resolutionen und Dokumente
Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung. CRPD. 2014/ Oktober. https://www.behindertenbeirat-muenchen.de/images/stories/downloadarchiv/Basisdokumente/UN_Konvention_deutsch.pdf. - Die amtliche, gemeinsame Übersetzung von Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein der UN-Behindertenrechtskonvention (deutsch).
Convention on the Rights of Persons with Disabilities and Optional Protocol. CRPD. 2006/ 13. Dezember. https://www.un.org/disabilities/documents/convention/convoptprot-e.pdf. - Die UN-BRK (englisch).
Follow-up to paragraph 143 on human security of the 2005 World Summit Outcome. A/RES/66/290. 2012/25. Oktober. https://documents.un.org/doc/undoc/gen/n11/476/22/pdf/n1147622.pdf?OpenElement. - Resolution der Generalversammlung bezüglich des Konzepts der menschlichen Sicherheit, das ein guter Ausgangspunkt für Friedenskonsolidierung ist (englisch).
Strengthening rehabilitation in health systems. WHA76.6. 2023/30. Mai. https://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA76/A76_R6-en.pdf.
Rechte von Menschen mit Behinderung. Bericht des Sonderberichterstatters über die Rechte von Menschen mit Behinderung. A/HRC/46/27. 2021/ 19. Januar https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/a-hrc-46-27.pdf. - Gibt einen Überblick über die Situation von Menschen mit Behinderung. Besonders lesenswert ist das Unterkapitel IV. A. 3. “Bewaffnete Konflikte und Friedenskonsolidierung: besserer Schutz, mehr Sichtbarkeit” (deutsch).
Sonstiges
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. Glossar. Frieden sichern. https://frieden-sichern.dgvn.de/glossar#ca21061. - gute Erklärungen zentraler Begriffe für das Sprechen und Schreiben über Frieden und Sicherheit im Bezug auf die Vereinten Nationen (deutsch).
Payk, Katharina. Hä, was heißt denn be_hindert? Unser Glossar gegen die Panik vor Wörtern. Diesmal: be_hindert. 2019/ 12. März. https://missy-magazine.de/blog/2019/03/12/hae-was-bedeutet-be_hindert/. - Artikel, der eine Perspektive auf Wortwahl bezüglich Menschen mit Behinderung eröffnet. Ein guter Ausgangspunkt für weitere eigene Recherche zum Sprechen über Behinderung (deutsch).
Schaer, Cathrin. Die unsichtbaren Opfer von Krieg und Erdbeben in Syrien. 2023/ 06. August https://www.dw.com/de/die-unsichtbaren-opfer-von-krieg-und-erdbeben-in-syrien/a-66401141. - Lokaler Fokus auf Syrien, bietet jedoch eine gute Ausgangslage für weitere, generelle Recherche; leicht zu lesen (deutsch).
Simmank, Jakob. Im Krieg gibt die Psyche nach. 2019/ 12. Juni. https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-06/krieg-psychische-erkrankungen-kriegsfolgen-traumata-depressionen-studie. - Artikel über die psychischen Auswirkungen von Krieg auf Menschen (deutsch).
Sustainable Development Goals (SDGs) and Disability. https://social.desa.un.org/issues/disability/sustainable-development-goals-sdgs-and-disability. - Eine kurze Zusammenfassung, wie die SDGs mit Behinderung zusammenhängen (englisch).
UNO-Flüchtlingshilfe. Flüchtlinge mit Behinderung. https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/fluechtlingsschutz/fluechtlinge-mit-behinderung. - Einstieg in den Themenbereich Flucht und Behinderung (deutsch).
Wooldridge, Shannon. Writing Respectfully: Person-First and Identity-First Language. 2023/ 12. April. https://www.nih.gov/about-nih/what-we-do/science-health-public-trust/perspectives/writing-respectfully-person-first-identity-first-language. - Ausführlichere Erläuterung zu identity-first und person-first Sprache (englisch).